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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 7. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 2: Via antiqua und via moderna auf den deutschen Universitäten des XV. Jahrhunderts — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38041#0004
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I. Prolegomena,
1. Literaturgeschichte des Problems.
Über den Kampf der via antiqua und moderna an den deut-
schen Universitäten des 15. Jahrhunderts ist unendlich viel in der
Compendienliteratur geschrieben worden. Eigene Quellenstudien
liegen nur wenigen dieser Betrachtungen zugrunde. Es genügt,
diese wenigen hervorzuheben, um den Stand des geschichtlichen
Problems zn fixieren.
Die älteren Darstellungen (vor dem Erscheinen von Prantls
Geschichte der Logik im Abendlande) pflegten sich häufig auf den
späten Bericht des bayerischen Humanisten Aventin zu stützen1,
der bei der Erwähnung des Roscellinus (11. Jhd.) auf den alten
Gegensatz des Nominalismus und Realismus stößt und den Anlaß
in längerer Abschweifung benützt, um die scholastischen Partei-
gegensätze seiner eigenen Zeit aus diesen alten Kontroversen
historisch zu erklären. Seine geschichtlichen Kenntnisse sind auf
diesem Gebiete sehr wenig exakt2; doch galt es lange als selbst-
verständlich, in der Weise Aventins den Gegensatz der beiden
,,Wege“ des 15. Jahrhunderts ohne weiteres auf die ältere Partei-
spaltung in der Universalienfrage zurückzuführen — ein Verfahren,
das auch durch die Tradition der Gelehrtengeschichten des 17.
und 18. Jahrhunderts unterstützt wurde.
Über diese rein literaturgeschichtlichen Zusammenhänge ver-
suchte Fr. Zarncke3 hinauszukommen, indem er die ganze Be-
wegung mit den großen politischen Ereignissen der Epoche der
Reformkonzilien in nahe Verbindung brachte. Er konstruierte
einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der scholastischen
Reaktionspartei der via antiqua seit der Mitte des 15. Jahrhunderts,
insbesondere an deutschen Universitäten, und dem etwa gleich-
zeitig erfolgenden Vordringen papaler Reaktionsbestrebungen im
Rückschlag gegen die Reformtendenzen der großen Konzilien. Die
Erneuerung des Thomismus sollte danach zur Stärkung des Papst-
1 Annales ducum Boiariae, ed. Riezler, opera III, 1, lib. VI, p. 200ff.
Entstehungszeit: 1519 — 21. 2 Vgl. meine Studie I, pi 11, N. 5. 3 Ein-
leitung zum „Narrenschiff“ Seb. Brants, Leipzig 1854.
 
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