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Gerhard Ritter:
denn überhaupt die terministische Logik als solche zur Kenn-
zeichnung einer einzelnen Schule geeignet und nicht vielmehr als
typische Gesamterscheinung der Spätscholastik aufzufassen sei.
Statt dessen übertrieb Hermelink die bei Prantl vorsichtig einge-
schränkte These von dem okkamistischen Charakter dieser Logik
durch die erstaunliche Behauptung, ihr „klassisches Lehrbuch,
die Parva logicalia des Petrus Hispanus“ (also der VII. Trak-
tat von dessen summula) sei nur von den „Modernen“ „als Grund-
lage ihrer Studien benützt“ worden1. Die antiqui hätten sich
demgegenüber (auf südwestdeutschen Universitäten) „vorwiegend“
an die „formalistische“ Logik des Duns Skotus gehalten2. Ander-
seits polemisiert er gegen Prantls Beschränkung des Gegensatzes
auf die methodische und stoffliche Differenz im beiderseitigen
Betrieb der Logik. Allerdings handle es sich in erster Linie um einen
solchen „rein literarischen“ Gegensatz; „doch solche literarische
Gegensätze führen leicht zu sachlichen über“. Zunächst ist die
Rede von nicht näher definierten „Unterschieden der Erziehungs-
und Unterrichtsmethode“, die mit dem Prantl sehen Gegensatz
im Stofflichen zusammenzufallen scheinen3. An anderer Stelle
hören wir, daß Okkam zwar nicht den Nominalismus erneuert,
wohl aber die „stoisch-byzantinische Logik“ dazu benützt habe,
um die Gebiete des Glaubens und Wissens scharf gegeneinander
abzugrenzen; darin sei die eigentliche historische Bedeutung des
Mannes zu suchen; in der Einzelausführung dieser Fragen durch
den Okkamismus sei „sowohl positiv, als noch mehr negativ die
reformatorische Entwicklung Luthers vorbereitet worden“, sodaß
(die stoische Herkunft des Terminismus vorausgesetzt) „durch ein
neues Hereinfluten griechisch-stoischen Geistes (in der termini-
stischen Logik und Ethik) die deutsche Tat der Reformation ver-
anlaßt worden wäre(!)“4. Der Gegensatz zu der via antiqaa in
diesen theologischen Fragen soll vor allem darin zutage treten,
daß „mit der terministisch-stoischen Logik die ,moderne4 Lehre
von der Willkür in Gott und dem liberum arbitrium indifferentiae
in die Wissenschaft des Abendlandes eingedrungen ist. Auch hier
streiten, wie überhaupt in dem Kampf zwischen moderni und
antiqui, Stoizismus und Aristotelismus gegeneinander“5. Wie man
1 Theo!. Fakultät 99. Ähnlich 142: „Während die einen mehr den Por-
phyrios und Aristoteles traktieren, holen die andern ihre Weisheit aus den
Parva logicalia des Petrus Hispanus“ (also nicht aus Aristoteles?!).
2 1. c. 136 3 1. c. 145. 4 1. c. 133. 5 1. c. 147.
Gerhard Ritter:
denn überhaupt die terministische Logik als solche zur Kenn-
zeichnung einer einzelnen Schule geeignet und nicht vielmehr als
typische Gesamterscheinung der Spätscholastik aufzufassen sei.
Statt dessen übertrieb Hermelink die bei Prantl vorsichtig einge-
schränkte These von dem okkamistischen Charakter dieser Logik
durch die erstaunliche Behauptung, ihr „klassisches Lehrbuch,
die Parva logicalia des Petrus Hispanus“ (also der VII. Trak-
tat von dessen summula) sei nur von den „Modernen“ „als Grund-
lage ihrer Studien benützt“ worden1. Die antiqui hätten sich
demgegenüber (auf südwestdeutschen Universitäten) „vorwiegend“
an die „formalistische“ Logik des Duns Skotus gehalten2. Ander-
seits polemisiert er gegen Prantls Beschränkung des Gegensatzes
auf die methodische und stoffliche Differenz im beiderseitigen
Betrieb der Logik. Allerdings handle es sich in erster Linie um einen
solchen „rein literarischen“ Gegensatz; „doch solche literarische
Gegensätze führen leicht zu sachlichen über“. Zunächst ist die
Rede von nicht näher definierten „Unterschieden der Erziehungs-
und Unterrichtsmethode“, die mit dem Prantl sehen Gegensatz
im Stofflichen zusammenzufallen scheinen3. An anderer Stelle
hören wir, daß Okkam zwar nicht den Nominalismus erneuert,
wohl aber die „stoisch-byzantinische Logik“ dazu benützt habe,
um die Gebiete des Glaubens und Wissens scharf gegeneinander
abzugrenzen; darin sei die eigentliche historische Bedeutung des
Mannes zu suchen; in der Einzelausführung dieser Fragen durch
den Okkamismus sei „sowohl positiv, als noch mehr negativ die
reformatorische Entwicklung Luthers vorbereitet worden“, sodaß
(die stoische Herkunft des Terminismus vorausgesetzt) „durch ein
neues Hereinfluten griechisch-stoischen Geistes (in der termini-
stischen Logik und Ethik) die deutsche Tat der Reformation ver-
anlaßt worden wäre(!)“4. Der Gegensatz zu der via antiqaa in
diesen theologischen Fragen soll vor allem darin zutage treten,
daß „mit der terministisch-stoischen Logik die ,moderne4 Lehre
von der Willkür in Gott und dem liberum arbitrium indifferentiae
in die Wissenschaft des Abendlandes eingedrungen ist. Auch hier
streiten, wie überhaupt in dem Kampf zwischen moderni und
antiqui, Stoizismus und Aristotelismus gegeneinander“5. Wie man
1 Theo!. Fakultät 99. Ähnlich 142: „Während die einen mehr den Por-
phyrios und Aristoteles traktieren, holen die andern ihre Weisheit aus den
Parva logicalia des Petrus Hispanus“ (also nicht aus Aristoteles?!).
2 1. c. 136 3 1. c. 145. 4 1. c. 133. 5 1. c. 147.