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Ritter, Gerhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 7. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 2: Via antiqua und via moderna auf den deutschen Universitäten des XV. Jahrhunderts — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38041#0064
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Gerhard Ritter:

baren Mönches stehen, wird nicht ausdrücklich gesagt; aber es
kann nur die okkamistische Schule gemeint sein, und so begreift
man die Erregung der Heidelberger Magister, als sie hier lasen,
daß die okkamistische Abendmahlslehre (die ja in der Tat eine Art
logischer Erweichung des starren kirchlichen Transsubstantiations-
begriffes darstellte) einen Götzendienst bedeute und aus derselben
Wurzel stamme, wie die verdammte hussitische Ketzerei; daß die
Logiker und Naturphilosophen hier mit ihren miserablen Grund-
sätzen die wahre Lehre entstellt hätten und den Geist der Jugend
fortgesetzt verdürben; daß endlich auch die Lehre von der Einheit
der Seeienvermögen das rechte Verhältnis von Natur, Gnade und
Jenseits aufs ärgste verwirre. Große Randverweise der Universitäts-
akten zeigen deutlich, daß es in erster Linie diese heftigen In-
vektiven waren, an denen man Anstoß nahm. Sofort ließ der Rektor
(es war der aus Wien stammende Mediziner Johannes Schwendi)
die den Frieden der Universität bedrohenden Anschläge herunter-
reißen und berief die Universitätsversammlung. Diese beschloß
Suspension Arnolds von allen Handlungen als Mitglied des Lehr-
körpers — eine Strafe, zu der sie aber vorher durch den Kanzler
Johann Guldenkopf die Genehmigung des Kurfürsten einholte. Ein
paar Tage darauf gelang es durch Vermittlung des Kurfürsten, des
Wormser Propstes (als Universitätskanzler) und des Abtes von
Schönau (als geistlicher Oberer von St. Jakob) einen feierlichen
Widerruf Arnolds und seine Rehabilitation durchzusetzen* 1. Der
Vorfall ist darum lehrreich, weil er zeigt, mit welcher Energie die
Universität zu verhindern suchte, daß sich der Zwiespalt zwischen
Thomisten und „Modernen“ bis in die theologische Fakultät hinein
fortsetze. Wenn die weltliche Obrigkeit dieser Abwehr ausdrück-
lich zustimmte, so handelte sie konsequent im Sinne ihres früheren
Verlangens der Parität und des friedlichen Nebeneinanderbestehens
der Parteien.
Damit stoßen wir bereits auf die letzte Frage, die wir an die
Universitätsgeschichte des kritischen Jahres 1452/3 zu stellen haben:
Wie kam der kriegerische Pfalzgraf Friedrich I. und seine — mit
politischen Sorgen überaus belastete — Regierung zu einem so
gewaltsamen Eingriff in die Statuten und Gerechtsame der t ni-
Schoenmezel von 1771. Dieser hat sich die Entzifferung der schwer lesbaren
und fehlerhaften Schrift erleichtert, indem er alles ihm Unentzifferbare ein-
fach wegließ; entsprechend ist sein Abdruck gr. Tis. sinnlos und unverständlich.
1 a. u. III, f. 19-20. 1453, okt. 4, 6, 9, 10.
 
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