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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 7. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 2: Via antiqua und via moderna auf den deutschen Universitäten des XV. Jahrhunderts — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38041#0068
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68

Gerhard Ritter:

genannte? Außer Johannes Wenck sind uns noch Jodokus Aich-
mann, Johannes Wildenhertz und eine Anzahl weiterer, insbeson-
dere juristischer Professoren — darunter wahrscheinlich auch der
Kanzler Guldenkopf — als Gönner humanistischer Bestrebungen
bezeugt. Dieser Kreis stand unzweifelhaft in näheren Beziehungen
zum Hofe Friedrichs I., dessen Vorliebe für seine humanistischen
Bänkelsänger (Kemnat u. a.) ja bekannt ist. Waren Aichmann und
Wenck wirklich die geistigen Urheber der Reform, so würde diese
durch gemeinsame humanistische Interessen begründete Verbin-
dung ohne Schwierigkeit ihren Einfluß auf die kurfürstlichen Be-
rater erklären. Die Verwendung akademisch geschulter, insbeson-
dere in Italien gebildeter Juristen im pfälzischen Staatsdienste ist
eine ganz regelmäßige Erscheinung. Wir haben es hier offenbar mit
einem Kreise geistig angeregter, modernen Bildungsbestrebungen zu-
gänglicher, einflußreicher Männer zu tun, der durch gemeinsame
Bildungsideale mit jüngeren artistischen Lehrern verbunden ist;
diese stehen ihrerseits seit Jahren im Kampf um eine Reform der
philosophischen Studien, wie sie damals in der Luft lag: nach Kölner
und Pariser Muster. Sollte diese Verbindung die Umgestaltung der
Hochschule entschieden haben ? Die Vermutung ist jedenfalls sehr
naheliegend. Eine ganz andere Frage ist aber, wie weit etwa eine
solche äußere Verbindung zwischen humanistischen Tendenzen und
via antiqua — falls sie tatsächlich wirksam war — in das Sachliche
des Schulstreites hineinreichte: ob also irgendeine innere Ver-
wandtschaft zwischen humanistischen und neuthomistischen Ideen
bestanden habe. Diese Frage läßt sich nur im Zusammenhang
einer eingehenden Untersuchung der sachlichen Lehrgegensätze
beantworten, auf denen der ganze Schulstreit beruhte.
Eine solche Untersuchung ist auch aus anderen Gründen not-
wendig. Sie wird unsere nächste Aufgabe sein.
^ *
*
2. Der Gegenstand des Schulstreites.
Unsere bisherige Feststellung, daß die Einführung der via anti-
qua in Heidelberg als bewußte Erneuerung thomistischer und alber-
tistischer Lehren aufzufassen sei, stellt noch keine befriedigende
Mecenatem intelligit cancellarium palatini, qui multum familiaris sibi fuit.
Luder lebte in Heidelberg seit spätestens Juni 1456; im November 1456
wird Guldenkopf als gestorben erwähnt (Toepke II 612) — die letzte An-
spielung ist also wohl eher auf Matth. Ramung (vgl. Z. G. O. XXII, 43)
zu deuten.
 
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