Studien zur Spätscholastik. II.
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des Unterkursus (Organon und Physik) „wenigstens über die beiden
ersten Bücher“(!) so gehalten werden sollen, daß die Scholaren
imstande sind, sich eine kurze Inhaltsangabe (coniinuacio) aufzu-
zeichnen und auch den Text1 zwischen den Zeilen zu glossieren.
Im Oberkurs soll ebenso verfahren werden in den Hauptvorlesungen,
die man in den Bursenübungen zu repetieren pflegt. Jeder Scholar
bzw. Bakkalar soll sich einen eigenen Text herrichten, den er (in
der Vorlesung) glossiert, falls er zu schreiben versteht (damit ist
wohl gemeint: schnell und klein genug mitzuschreiben versteht?).
Diese Bestimmung wird 1501 wiederholt ; für die Scholaren scheint
sie sich nicht ohne Schwierigkeiten behauptet zu haben2; wenig-
stens ist 1498 davon die Rede, daß die zum Bakkalariatsexamen
sich meldenden Scholaren den Mangel eines eigenen Textes durch
Teilnahme an einer ordentlichen Disputation ausgleichen können3.
Offenbar galt jenes Statut für beide Schulrichtungen; man möchte
aber vermuten, daß es eine Folge der Reformbestrebungen war, die
wir seit dem Auftauchen der thomistischen Reformer mehrfach
beobachten konnten; hatte doch schon die Fakultätskommission
vom Sommer 1452 außer der Beschaffung guter, den Text Wort
für Wort erläuternder Kommentare die Bestimmung vorgeschlagen,
daß auch die Scholaren einen eigenen Text der meistgelesenen aristo-
telischen Schriften während der Vorlesung vor sich haben sollten,
mindestens zu zweit oder dritt, und daß die Lehrer sich an den
Gegenstand des Textes zu halten hätten (s. o. S. 59). Von der
Art, wie diese Vorschriften von der via antiqua praktisch durch-
geführt wurden, können wir uns eine deutliche Vorstellung machen
mit Hilfe eines überaus sauber und sorgsam geschriebenen Schüler-
textes, den ein Insasse der bursa Weuch, ein Bakkalar der via
antiqua4, sich 1460 von der ersten Analytik, der Logik und den
Elenchi hergestellt hat. Der Text des Aristoteles ist (in der uralten
1 Das eundern der betr. Stelle im Statut (U. B. I, p. 183, Z. 17), das dem
Herausgeber grammatisch anstößig war, erklärt sich durch ein ausgefallenes
librum, wie die Kopie der betr. Stelle von 1501 (a. f. a. III, 5) zeigt: ut quilibet
scolaris continuationem brevem signare valeat nee non eundem librum inter lineas
glosare possit. Es kommt natürlich nur ein Glossieren des fertigen Textes,
nicht der Nachschrift, in Frage. Es hätte ja keinen Sinn gehabt, die eigene
Nachschrift sogleich zu glossieren! 2 a. f. a. III, 6'h 3 a. f. a. II, 162a
(1498, febr. 2). Diese Bestimmung belegt erneut die Beobachtung, welche
Mühe man Ende des 15. Jhd.s aufwenden müßte, um den Disputationen
noch einen erträglichen Besuch zu sichern. 4 Matth. Horn de Eltingen, im-
matr. 1458, bacc. art. 1460. — Clm. 6695, fol. 202-461.
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des Unterkursus (Organon und Physik) „wenigstens über die beiden
ersten Bücher“(!) so gehalten werden sollen, daß die Scholaren
imstande sind, sich eine kurze Inhaltsangabe (coniinuacio) aufzu-
zeichnen und auch den Text1 zwischen den Zeilen zu glossieren.
Im Oberkurs soll ebenso verfahren werden in den Hauptvorlesungen,
die man in den Bursenübungen zu repetieren pflegt. Jeder Scholar
bzw. Bakkalar soll sich einen eigenen Text herrichten, den er (in
der Vorlesung) glossiert, falls er zu schreiben versteht (damit ist
wohl gemeint: schnell und klein genug mitzuschreiben versteht?).
Diese Bestimmung wird 1501 wiederholt ; für die Scholaren scheint
sie sich nicht ohne Schwierigkeiten behauptet zu haben2; wenig-
stens ist 1498 davon die Rede, daß die zum Bakkalariatsexamen
sich meldenden Scholaren den Mangel eines eigenen Textes durch
Teilnahme an einer ordentlichen Disputation ausgleichen können3.
Offenbar galt jenes Statut für beide Schulrichtungen; man möchte
aber vermuten, daß es eine Folge der Reformbestrebungen war, die
wir seit dem Auftauchen der thomistischen Reformer mehrfach
beobachten konnten; hatte doch schon die Fakultätskommission
vom Sommer 1452 außer der Beschaffung guter, den Text Wort
für Wort erläuternder Kommentare die Bestimmung vorgeschlagen,
daß auch die Scholaren einen eigenen Text der meistgelesenen aristo-
telischen Schriften während der Vorlesung vor sich haben sollten,
mindestens zu zweit oder dritt, und daß die Lehrer sich an den
Gegenstand des Textes zu halten hätten (s. o. S. 59). Von der
Art, wie diese Vorschriften von der via antiqua praktisch durch-
geführt wurden, können wir uns eine deutliche Vorstellung machen
mit Hilfe eines überaus sauber und sorgsam geschriebenen Schüler-
textes, den ein Insasse der bursa Weuch, ein Bakkalar der via
antiqua4, sich 1460 von der ersten Analytik, der Logik und den
Elenchi hergestellt hat. Der Text des Aristoteles ist (in der uralten
1 Das eundern der betr. Stelle im Statut (U. B. I, p. 183, Z. 17), das dem
Herausgeber grammatisch anstößig war, erklärt sich durch ein ausgefallenes
librum, wie die Kopie der betr. Stelle von 1501 (a. f. a. III, 5) zeigt: ut quilibet
scolaris continuationem brevem signare valeat nee non eundem librum inter lineas
glosare possit. Es kommt natürlich nur ein Glossieren des fertigen Textes,
nicht der Nachschrift, in Frage. Es hätte ja keinen Sinn gehabt, die eigene
Nachschrift sogleich zu glossieren! 2 a. f. a. III, 6'h 3 a. f. a. II, 162a
(1498, febr. 2). Diese Bestimmung belegt erneut die Beobachtung, welche
Mühe man Ende des 15. Jhd.s aufwenden müßte, um den Disputationen
noch einen erträglichen Besuch zu sichern. 4 Matth. Horn de Eltingen, im-
matr. 1458, bacc. art. 1460. — Clm. 6695, fol. 202-461.