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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 7. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 2: Via antiqua und via moderna auf den deutschen Universitäten des XV. Jahrhunderts — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38041#0114
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114

Gerhard Ritter:

denjenigen Disziplinen ein, die jetzt zu Nebengebieten des akade-
mischen Unterrichts werden, d. h. eben in den außerlogischen,
sogen, „realen“ (im Gegensatz zu den „sermozinalen“) Wissens-
zweigen. Das macht die naturphilosophischen Lehrbücher beider
Lager vielfach so auffallend dürftig. Wenn aber auch in
der Logik — und da erst recht — keine durchgreifenden metho-
dischen Unterschiede zu bemerken sind, so liegt das wohl daran,
daß beide Parteien — wie wir im vorigen Kapitel gesehen haben —
an denselben terministischen Begriffsapparat gebunden waren, der
nun in Wahrheit den Vertretern der eia antiqua, zumal den Sko-
tisten, eine volle Rückkehr zu den Lehrmethoden des 13. Jahr-
hunderts unmöglich machte. Und endlich setzte bald nach der
Mitte des Jahrhunderts die humanistische Bewegung an den Uni-
versitäten ein, die ein weiteres dazu beitrug, den Sinn für die
methodischen und inhaltlichen Differenzen der streitenden Schulen
abzuschwächen. In der gedruckten Schulbuchliteratur, deren Pu-
blikation fast ausnahmslos in die Jahrzehnte von 1485 — 1510 fällt,
kommt sie bereits fühlbar zur Geltung: vielleicht stärker, als den
Parteiverhältnissen der 50 er und 60 er Jahre entsprechen würde.
Somit sind wir gezwungen, das Ergebnis unserer Literatur-
vergleichung1 mit resignierter Vorsicht zu formulieren. Eine deut-
liche Verkürzung und Vereinfachung der Darstellungsmethode, eine
Beschränkung auf reine Erläuterung bzw. Inhaltswiedergabe der
aristotelischen Texte, wie sie uns als Ideal der Unterrichtsreform
der antiqui sich zu ergeben schien, läßt sich — weitergehend als
in „modernen“ Lehrbüchern — nur in einzelnen Schriften reali-
stischer Autoren, wie des Lambertus de Monte und Nikolaus
Dorbellus, feststellen, und zwar vor allem in solchen „realphilo-
sophischer“ Disziplinen. Die Methoden der logischen Handbücher
beider Lager ähneln einander stark, und zumal innerhalb der neu-
skotistischen Richtung ist zwischen den Darstellungsmethoden von
Autoren realistischer und solchen nominalistischer Herkunft keiner-
lei LInterschied zu bemerken. Je knapper und schlichter aber die Form
aller dieser Lehrbücher ist, je strenger sie sich auf die Erläuterung
der Texte beschränken, um so farbloser und unselbständiger pflegt
auch der Inhalt zu sein. Eine so knappe Darstellung der Natur-
philosophie, wie die des Kölner Lambertus und des Nikolaus Dor-
1 Ich möchte nicht verschweigen, daß die mir zur Verfügung stehende
Sammlung alter Drucke (U. B. Hdbg., meist aus der Salemer Klosterbibliothek)
nur eine beschränkte Übersicht ermöglichte.
 
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