Metadaten

Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 7. Abhandlung): Zur Frage der Plautinischen Cantica — Heidelberg, 1923

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38048#0012
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12

Otto Immisch:

1274). War dann jenes λαβεΐν fertiger Hypothesen im Grunde
etwas anderes, das ein Teil der Magoden betrieb und ihnen nächst-
verwandt die Mimologen ? Aber gehört nicht auch in den gleich en
Zusammenhang das gesamte römische Kontaminationswesen hinein
(das Wort in dem von Schwering ermittelten Sinne genommen),
nur daß noch das sprachliche Umsetzen hinzutritt ? Ich fürchte,
die Ergebnisse der sog. Kontaminationsforschung sind noch Adel
unsicherer als der Mangel an Übereinstimmung zwischen den be-
teiligten Forschern bereits erkennen ließ. Das Problem ist in
unzulässiger Weise vereinfacht worden, indem man insgemein die
römisch e Nachdichtung schlankweg „dem“ attischen Original gegen-
überstellt und die Möglichkeit zu wenig in Betracht zieht, daß
zwischen beiden schon griechische Umformungen der bezeichneten
Art in der Mitte liegen und den römischen Dichter beeinflussen
konnten1. Und doch läge das Einwirken hellenistischer Mimologien
viel näher als der sonderbare Rückgriff auf die Possenfreiheit der
αρχαία, den manche Kontaminationsgegner vor ziehen. Auch bei
Fraenkel AAÜrd die Kontamination m. E. zu sehr als eine lediglich
innerrömische Angelegenheit behandelt. Überdies verbindet sich
dies bei ihm mit einer wie ich glaube übersteigerten Vorstellung
von der künstlerischen Höhe der attischen Originale. Wir können
unsererseits das Kontaminieren hier nicht im Zusammenhang vor-
nehmen, doch sei bemerkt, daß auch manches von dem, was
Fraenkel als das Plautinische im Plautus erweisen will, vielleicht
weniger in den Einzelheiten selbst, aber nach seiner Tendenz und
seinem Wesen aus den aufgelösten Formen jener niederen Dramatik
herzuleiten sein dürfte, so vor allem das Hineinflechten örtlicher
1 Zu der üblichen Betrachtungsweise verführt die Art, wie Didaskalien
und Prologe von den Vorlagen sprechen, etwa mit einem einfachen vortit oder
mit scheinbar genauer Bezeichnung der Abweichungen, wie in der Casina sogar
außerhalb des Prologs (64ff.) im Epilog (1012ff.). Indessen auch die Mimo-
logen sagen einfach ή ύπό-9-εσις 'Εκυρά, und ihre Wiedergabe war gewiß nicht
einfach Wiederholung. Bedeutsam scheint hier auch das Auftreten der adjekti-
vischen Titel Asinaria Aulularia Cistellaria Mostellaria Vidularia, nämlich
tabula. Sie sind schon bei Naevius häufig: Agitatoria, Carbonaria, Clamidaria
u. a. m. Also: das Stück, wo der Topf,wo das Gespenst drin vorkommt usw.
Hierin liegt doch eine gewisse Verselbständigung des Stoffes als solchen gegen-
über der bestimmten Fassung in der gewählten Vorlage, fast ein Hinweis auf
seine Wandelbarkeit in mannigfaltigen Ausprägungen. Es ist bezeichnend, daß
diese Titelform der Togata fehlt. Denn das Stück des Titinius, das Nonius
ein paarmal Fullonia zitiert (einmal auch Festus 406,11 Linds.), nennt er selbst
ganz überwiegend Fullones.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften