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Ernst Fabricius:
diese Größe gehabt haben müßten. Mommsen hält es nur für wahr-
scheinlich, daß kein Bürger mehr als 30 Jugera erhalten habe1.
Man möchte eher umgekehrt aus der Stelle schließen, die Anteile
müßten mindestens zum Teil größer gewesen sein, wenn Stücke
unter 30 Jugera so wie so Ager privatus wurden. Indes die Assig-
nationen waren wohl überhaupt nicht alle gleich, da das verteilte
Land nach Lage und Ertragsfähigkeit doch von sehr verschiedenem
Wert gewesen sein muß2. Wie dem auch sei, bei der Abschätzung
des Gesamtareals, das bei der Viritanassignation zur Verteilung
kam, wird man die 30 Jugera als Durchschnittsgröße in die Rech-
nung einsetzen dürfen.
Die Menge der infolge der gracchischen Agrarreform mit Land
versehenen armen Bürger muß nach der Heftigkeit des darum ge-
führten Kampfes zu schließen außerordentlich groß gewesen sein.
Die überlieferten Censuszahlen, die von 164/163 bis 131/130 v. Chr.
eine allmähliche Abnahme von rund 337000 bis 318000 zeigen,
schwellen bis zum Jahre 115/114 auf über 394000 an. Unter der
Voraussetzung, daß in den Censuszahlen nicht bloß die bemittelten
und deshalb kriegsdienstpflichtigen, sondern alle Bürger, auch die
ganz unbemittelten enthalten seien, hat man gemeint, die Census-
zahlen könnten von den Assignationen nicht beeinflußt gewesen
sein. Allein dann bleibt die gewaltige Steigerung gerade in den
Jahren der gracchischen Assignationen vollkommen unverständ-
lich3. Mit der Annahme von 60—70000 werden wir die Gesamtzahl
1 Gesammelte Schriften I 103.
2 In dem Ackergesetz des Servilius Rullus v. J. 63 waren sogar im Ager
Campanus und Campus Stellas Lose von verschiedener Größe, zu 10 und 12
Jugera, beantragt (Cicero de leg. agrar. II 78, 79, 85: quasi vero paulum
clifferat ager Campanus a Stellati). Und Cicero selbst betont immer wieder
gegen Rullus die große Verschiedenheit der agri optimi fructuosissimique und
der agri deserti atque longinqui (ebend. III 14; vgl. II 66 die ironische Frage:
etenim quantulum inlerest, utrum in Massici radices, an . . aliove deducamini?
und 71: nisi forte mavoltis . . . in Sipontina siccitate aut in Salpinorum pestilen-
tise jinibus Rullo duce conlocari).
3 Mommsens Ansicht,Röm.Gesell.II 98, die Zahl der waffenfähigen Bürger
habe sich in diesen Jahren um 76 000 gehoben „ohne allen Zweifel lediglich
in Folge dessen, was die Theilungscommission für die römische Bürgerschaft
that“, ist besonders von Herzog, Die Bürgerzahlen im römischen Census,
Comment. in hon. Theod. Mommseni 140f. eingehend begründet worden. Da-
gegen sind von verschiedenen Seiten Einwände erhoben worden, ohne daß eine
andere einleuchtende Erklärung für die außerordentliche Steigerung der Cen-
suszahl zwischen 130 und 114 gefunden worden wäre. Vgl. Cardinali a. a. O.
283ff. Neuerdings ist v. Stern, Hermes 56, 244f. wieder entschieden für
Ernst Fabricius:
diese Größe gehabt haben müßten. Mommsen hält es nur für wahr-
scheinlich, daß kein Bürger mehr als 30 Jugera erhalten habe1.
Man möchte eher umgekehrt aus der Stelle schließen, die Anteile
müßten mindestens zum Teil größer gewesen sein, wenn Stücke
unter 30 Jugera so wie so Ager privatus wurden. Indes die Assig-
nationen waren wohl überhaupt nicht alle gleich, da das verteilte
Land nach Lage und Ertragsfähigkeit doch von sehr verschiedenem
Wert gewesen sein muß2. Wie dem auch sei, bei der Abschätzung
des Gesamtareals, das bei der Viritanassignation zur Verteilung
kam, wird man die 30 Jugera als Durchschnittsgröße in die Rech-
nung einsetzen dürfen.
Die Menge der infolge der gracchischen Agrarreform mit Land
versehenen armen Bürger muß nach der Heftigkeit des darum ge-
führten Kampfes zu schließen außerordentlich groß gewesen sein.
Die überlieferten Censuszahlen, die von 164/163 bis 131/130 v. Chr.
eine allmähliche Abnahme von rund 337000 bis 318000 zeigen,
schwellen bis zum Jahre 115/114 auf über 394000 an. Unter der
Voraussetzung, daß in den Censuszahlen nicht bloß die bemittelten
und deshalb kriegsdienstpflichtigen, sondern alle Bürger, auch die
ganz unbemittelten enthalten seien, hat man gemeint, die Census-
zahlen könnten von den Assignationen nicht beeinflußt gewesen
sein. Allein dann bleibt die gewaltige Steigerung gerade in den
Jahren der gracchischen Assignationen vollkommen unverständ-
lich3. Mit der Annahme von 60—70000 werden wir die Gesamtzahl
1 Gesammelte Schriften I 103.
2 In dem Ackergesetz des Servilius Rullus v. J. 63 waren sogar im Ager
Campanus und Campus Stellas Lose von verschiedener Größe, zu 10 und 12
Jugera, beantragt (Cicero de leg. agrar. II 78, 79, 85: quasi vero paulum
clifferat ager Campanus a Stellati). Und Cicero selbst betont immer wieder
gegen Rullus die große Verschiedenheit der agri optimi fructuosissimique und
der agri deserti atque longinqui (ebend. III 14; vgl. II 66 die ironische Frage:
etenim quantulum inlerest, utrum in Massici radices, an . . aliove deducamini?
und 71: nisi forte mavoltis . . . in Sipontina siccitate aut in Salpinorum pestilen-
tise jinibus Rullo duce conlocari).
3 Mommsens Ansicht,Röm.Gesell.II 98, die Zahl der waffenfähigen Bürger
habe sich in diesen Jahren um 76 000 gehoben „ohne allen Zweifel lediglich
in Folge dessen, was die Theilungscommission für die römische Bürgerschaft
that“, ist besonders von Herzog, Die Bürgerzahlen im römischen Census,
Comment. in hon. Theod. Mommseni 140f. eingehend begründet worden. Da-
gegen sind von verschiedenen Seiten Einwände erhoben worden, ohne daß eine
andere einleuchtende Erklärung für die außerordentliche Steigerung der Cen-
suszahl zwischen 130 und 114 gefunden worden wäre. Vgl. Cardinali a. a. O.
283ff. Neuerdings ist v. Stern, Hermes 56, 244f. wieder entschieden für