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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 2. Abhandlung): Bemerkungen zur Schrift vom Erhabnen — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38944#0017
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Bemerkungen zur Schrift vom Erhabnen.

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10, 6. Den Testimonia Vahle ns zum Aratoszitat über die be-
ständige Todesnähe des Schiffers (ολίγον δέ διάξύλον άιδ’ έρύκει) ver-
dient hinzugefügt zu werden Cestius Pius bei Seneca rhet., contr.
VII1 (16) 10: parva materia seiungit fata. Da zeigt sich die Vertraut-
heit der Rhetoren mit dem geflügelten Wort und gerade bei einem
Mann, der wohl unsres Verfassers Landsmann und Zeitgenosse
gewesen sein wird.
10, 7 steht die von einer Konjekturenwolke umlagerte Stelle:
λυμαίνεται γάρ ταΰτα — nämlich die eben erwähnten, in die zu 10, 3
von uns besprochne σύνΕεσις der άκρα störend eingefügten φλοιώδη
ή άσεμνα ή σχολικά — ώσανεί ψύγματα αι άραιώματα έμποιουντα
μεγέθη συνοικονομούμενα τη προς άλληλα σχέσει συντετειχισμένα.
Daß der mit ώσανεί eingeleitete Gleichnissatz, als dessen Verbum
finitum wiederum λυμαίνεται zu ergänzen ist, sich in allen Teilen
und bis zu linde im Bereich der Architektur hält, ist klar (womit
allein schon die grundstürzende Umformung der Stelle durch
von Arnim sich erledigt, Wiener Stud. XXIV 450f.). ψύγματα ist
völlig einwandfrei und, wie Me ine l mit Recht hervorhebt, weniger
durch Dion. Hai. π. συνθ. 20 zu erklären, wo die Wortintervalle ge-
meint sind, als durch seine Übersetzung in dem lateinischen Archi-
tektenausdruck spiramenta bei Vitruv IV 7, 4. Es sind zweifinger-
breite Durchzugsspalten zwischen zusammengestückten Gebälks-
teilen zu ähnlichem Zweck, wie bei uns die bekannten Lücken zwi-
schen zwei aneinanderstoßenden Teilen eines Schienengleises: cum
enim inter se tcingunt et non spiramentum et perflatum venti recipiunt,
concaiejaciuntur et celeriter putrescunt. Also das Gegenteil jener von
der Akropolis her bekannten Technik, wo die Fugen der Quadern
sorgfältig verschliffen die einheitliche Flächen Wirkung nicht beein-
trächtigen. Mit dem entgegengesetzten Eindruck der von klaffen-
den Spalten durchsetzten Einheit wird hier die literarische Stücke-
lung verglichen. Horaz, wo er sich im gleichen Sinn und Geist
gegen das die Einheit störende Einsetzen von Virtuosenkunststücken
(recht eigentlich σχολικά) wendet, zieht ein Bild aus andrer Sphäre
vor, indem ihm statt der ψύγματα Näte vorschweben: unus et alter
adsuitur pannus (AP 15fL).
Der das Architekturgleichnis weiter ausführende Satz läuft
sofort glatt, wenn man die sinnlosen Buchstaben αι hinter ψύγματα,
wofür p ganz unverbindlich ή einsetzt, einfach streicht. Es liegt
vermutlich nichts anderes vor als ein versehentliches drittes α zwi-
schen den zwei benachbarten, αι aber wurde wohl veranlaßt durch

Sitzungsberichte d. Heitleib. Akad., phi'.os.-hist. Kl. 1924/25. 2. Abh.

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