Karl Meister:
Die moderne Philologie hat die wichtige Tatsache festge-
stellt1, daß bei Plautus nur eine Form, sublimen oder sublimem,
vorkommt, und ist mit Recht von ihr ausgegangen, hat aber
die Bildung und die ursprüngliche Bedeutung des Wortes nicht
erkannt. Das gilt zunächst von einer Erklärung Ritschls (opp. II,
464), die sich trotz Widerspruch und Zweifeln2 behauptet hat
und sogar in die neue Bearbeitung des Handwörterbuchs von
Georges und des Schulwörterbuchs von Stowasser-Skutsch aufge-
nommen worden ist. In sublimen sei — so meinte Ritsche —
nicht die Schwelle, sondern das Urnen super um, der Türsturz, zu
verstehen; am Türsturz seien die Sklaven beim Auspeitschen auf-
gehängt und ganz eigentlich sub Urnen hinaufgezogen worden'.
Die Gründe, durch die Ritsche widerlegt wird, springen in die
Augen. Limen kann wohl in der Sprache der Architekten, da,
wo ein Mißverständnis ausgeschlossen ist, den Türsturz bedeuten3 4,
aber im sonstigen Prosalatein ist schlechthin genanntes Urnen die
Schwelle, während der Türsturz zur Unterscheidung von ihr Unten
superum4 oder ähnlich heißt. Auch in sachlicher Hinsicht ist
Ritschls Annahme unwahrscheinlich. Plautus nennt niemals,
wenn er vom pendentem plecti redet, den Türsturz, und bei der
abergläubischen Scheu, mit der die Römer den Eingang und
Ausgang betrachtet haben, ist der Türsturz als herkömmlicher
Strafort für jene Exekution kaum denkbar. Schließlich: Wie soll
sich der Bedeutungsübergang von dem plautinischen sublimen zu
dem späteren sublimis, von dem sub Urnen gehenkten Unglücklichen
zu dem strahlenden Himmel, dem 'sublime candens quem vocant
omnes Lovern' des Ennius vollzogen haben?
Der näclistliegende Gedanke, in sublimen eine Zusammen-
rückung aus sub und Urnen 'Schwelle' zu sehen, hat noch nie-
mals Anerkennung gefunden. Begreiflicherweise, denn sublimen
könnte ja nur heißen 'unter die Schwelle’, 'unter der Schwelle
1 Nach Ritschl, opp. II, 462, besonders W. Heraeus, Philologus 55, 1896,
197 ff.
2 R. Klotz, Ausgabe der Andria des Terenz (Lpz. 1865), S. 197 ff., 0. Hoff-
mann in Heinichens Schulwörterbuch.
3 Wiegand, Puteolanische Bauinschrift (CIL I2 577, 13), Jahrb. Suppl. XX,
1894, 733.
4 Plaut. Ba. 955. 987; später superius Urnen, super Urnen, superliminare,
supe?-Uminium, W. Heraeus, ALL 12, 63 (wo subliminium Servius Aen. 3, 351
auf Irrtum beruht).
Die moderne Philologie hat die wichtige Tatsache festge-
stellt1, daß bei Plautus nur eine Form, sublimen oder sublimem,
vorkommt, und ist mit Recht von ihr ausgegangen, hat aber
die Bildung und die ursprüngliche Bedeutung des Wortes nicht
erkannt. Das gilt zunächst von einer Erklärung Ritschls (opp. II,
464), die sich trotz Widerspruch und Zweifeln2 behauptet hat
und sogar in die neue Bearbeitung des Handwörterbuchs von
Georges und des Schulwörterbuchs von Stowasser-Skutsch aufge-
nommen worden ist. In sublimen sei — so meinte Ritsche —
nicht die Schwelle, sondern das Urnen super um, der Türsturz, zu
verstehen; am Türsturz seien die Sklaven beim Auspeitschen auf-
gehängt und ganz eigentlich sub Urnen hinaufgezogen worden'.
Die Gründe, durch die Ritsche widerlegt wird, springen in die
Augen. Limen kann wohl in der Sprache der Architekten, da,
wo ein Mißverständnis ausgeschlossen ist, den Türsturz bedeuten3 4,
aber im sonstigen Prosalatein ist schlechthin genanntes Urnen die
Schwelle, während der Türsturz zur Unterscheidung von ihr Unten
superum4 oder ähnlich heißt. Auch in sachlicher Hinsicht ist
Ritschls Annahme unwahrscheinlich. Plautus nennt niemals,
wenn er vom pendentem plecti redet, den Türsturz, und bei der
abergläubischen Scheu, mit der die Römer den Eingang und
Ausgang betrachtet haben, ist der Türsturz als herkömmlicher
Strafort für jene Exekution kaum denkbar. Schließlich: Wie soll
sich der Bedeutungsübergang von dem plautinischen sublimen zu
dem späteren sublimis, von dem sub Urnen gehenkten Unglücklichen
zu dem strahlenden Himmel, dem 'sublime candens quem vocant
omnes Lovern' des Ennius vollzogen haben?
Der näclistliegende Gedanke, in sublimen eine Zusammen-
rückung aus sub und Urnen 'Schwelle' zu sehen, hat noch nie-
mals Anerkennung gefunden. Begreiflicherweise, denn sublimen
könnte ja nur heißen 'unter die Schwelle’, 'unter der Schwelle
1 Nach Ritschl, opp. II, 462, besonders W. Heraeus, Philologus 55, 1896,
197 ff.
2 R. Klotz, Ausgabe der Andria des Terenz (Lpz. 1865), S. 197 ff., 0. Hoff-
mann in Heinichens Schulwörterbuch.
3 Wiegand, Puteolanische Bauinschrift (CIL I2 577, 13), Jahrb. Suppl. XX,
1894, 733.
4 Plaut. Ba. 955. 987; später superius Urnen, super Urnen, superliminare,
supe?-Uminium, W. Heraeus, ALL 12, 63 (wo subliminium Servius Aen. 3, 351
auf Irrtum beruht).