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Bartholomae, Christian [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 6. Abhandlung): Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten, 6 — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38948#0015
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Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten. VI.

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dings für sehr alt ansehe. Aber für ^indogermanisch können
sie nicht gelten. Sie sind vielmehr durch sehr frühen Aus-
gleich entstanden, aber durch Ausgleich in entgegengesetzter
Richtung wie oben, der Positiv hat sich lautlich dem Kom-
parativ (sowie dem auf gleicher Silbe betontem Superlativ) 5
angeschlossen; denn die Endbetonung des Positivs ver-
langte doch die Schwach stufengestalt der Wurzelsilbe, also
ü, bez. 9. Man ist versucht, dabei an got. sutis und an lat.
acupedius zu denken. Freilich, bei dem got. Wort ist der
Ansatz mit ü recht zweifelhaft, s. Streitberg GotElementarb.5 10
74 f., und auch seine Zusammengehörigkeit mit ai. svadüh,
usw., der Bedeutung wegen nicht ganz sicher; s. Streitberg
IF. 27. 157. Was aber das lat. Wort angeht, so könnte es
allenfalls für *acip° eingetreten sein, wie vituperare für *vitip°
(s. Sommer Handb.2 96 f.), und sich somit den bei Wacker- 15
nagel AiGr. 2. 59 ff. besprochenen Zusammensetzungen wie
ai. sitiprßthä-, gr. dpfiKepauvo^, usw., anreihen. Das gilt auch
für lat. accipiter, das man ja jetzt allgemein so deutet, es sei
acci0 für *aci° in Anlehnung an accipiö eingetreten; s. Walde
LatetWb.2 5f. Selbstverständlich schließt diese Fassung das 2»
einstige Vorhandensein eines *acus nicht aus, wenn man auch .
aci zunächst für die Kompositionsform eines idg. *gJcrös an-
zusehen geneigt sein wird.
Ich möchte bei der Gelegenheit die Frage aufwerfen, ob nicht
auch der Name Visigothae 'Westgoten’ den erwähnten Zusammen- 25.
Setzungen zuzuzählen ist; s. dazu Much in Hoops Reall. 4. 513. Einige
der Hauptbedenken Streitbergs IF. 4. 300ff. gegen die für ursprüng-
lich angenommene Bedeutung des Worts würden bei dieser Fassung
beseitigt werden. Daß Austrogoti, Ostrogothae nie etwas anderes be-
deutet hat als Ostgoten, wird jetzt auch von Streitberg GotElementar- 30
buch5 7 zugestanden. Sollte Visigothae wirklich erst durch den Gegen-
satz zu Ostrogothae zur Bedeutung Westgoten gelangt sein? Die Tat-
sache, daß das aus Visig0 verselbständigte Visi aus früherer Zeit be-
legbar ist als der volle Name, scheint mir nicht ausschlaggebend, und
ebensowenig der Umstand, daß man als genaues Gegenstück zu Visi- 35
gothae ein Ausi(Osi)gothae verlangte. Notwendig aber ist die An-
nahme, daß ein altes Kompositum mit *tiesi° 'westlich’ vorhanden
war, das als Muster für die Bildung von Visigothae dienen konnte.
(§ 10 Forts.) Bekanntlich hat in einigen idg. Sprachen diese
Ausgleichung einen derartigen Umfang angenommen, daß schließ- 40
lieh nach dem Muster der altererbten und der später durch Aus-
 
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