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Saxl, Fritz [Hrsg.]; Nationalbibliothek <Wien> [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1925/26, 2. Abhandlung): Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters, 2: Die Handschriften der National-Bibliothek in Wien — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38875#0039
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Einleitung.

39

bewahrt werden1, wird auch eine Handschrift mit vollkommen
linearen Kopien nach einem Sufi-Codex aufbewahrt, die vielleicht
aus böhmischem königlichen Besitz stammt (Cod. 207)2. In einer
sorgfältigen Arbeit über die astronomischen Instrumente des Kar-
dinals Cusanus hat Hartmann den Nachweis erbracht, daß es eben
Nürnberg war, wohin die böhmische Handschrift kam, und konnte
ferner zeigen, daß Cusanus aus Nürnbergseine astronomischen Hand-
schriften und Instrumente bezog3. Es ist möglich, daß auch Dürers
Vorlage den Weg von Italien über Böhmen nach Nürnberg ge-
nommen hat4. Allein es ist auch die Möglichkeit gegeben, daß die
neuen Handschriften auf dem direkten Weg vom Süden über Wien
nach dem Norden kamen, über Wien, wo am Ende des 15. und am
Beginn des 16. Jahrhunderts die astronomischen Studien in hohem
Ansehen standen. Wie immer dem sein möge, wir können an
diesem Einzelfall wieder mit besonderer Deutlichkeit die Etappen
des Nachlebens der antiken Wissenschaft und des antiken bild-
haften Denkens klarlegen, den Weg von Westen nach Osten, den
Rückweg über Südeuropa und die langsame Wanderung nach dem
Norden5.
Es ist ein sonderbares Schicksal, daß es hier im Norden war,
wo wieder ein großer Künstler sich des Problems annahm, die
Sternbilder lebendig zu gestalten. Die ursprünglich nationalen
Sterngötter sind kosmopolitisch geworden. Griechisch-lateinisches,
orientalisches und germanisches Blut fließt jetzt durch ihre Adern.
Sie haben neue Lebenskraft gewonnen, und sie dienen doch zugleich
schärfster Erfassung des Mathematischen. Die Nürnberger Stern-

1 J. Marx, Yerz. d. Handschriften-Sammlung des Hospitals zu Gues
(Trier 1905).
2 Konr. Beyerle, Astronom. Handschriften vom böhm. Königshofe
(Mitt. d'. österr. Inst. f. Geschichtsforschung XXXIX, 1923), S. 116—122,
und die im folgenden zitierte Arbeit von Hartmann.
3 J. Hartmann, Die astronom. Instrumente des Kard. Nikolaus Cusanus
(Abhdlg. d. kgl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, Math.-phys. Kl., N. F. X, Nr. 6,
1919), S. llff.
4 Ygl. über die Rolle der böhmischen Kultur als Vermittlerin zwischen
Italien und Deutschland die Arbeiten von Konrad Burdach. Zuletzt Vor-
spiel Bd. 1,2 (Halle 1925), S. 130f.
0 Vgl. die Schriften von A. Warburg, spez.: Italienische Kunst und
internat. Astrologie im Pal. Schifanoja zu Ferrara. Sonder-Abdr. aus: L’Italia
e T arte straniera. Atti del X congr. internaz. di storia dell’arte in Roma
(Roma 1922).
 
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