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Saxl, Fritz [Hrsg.]; Nationalbibliothek <Wien> [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1925/26, 2. Abhandlung): Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters, 2: Die Handschriften der National-Bibliothek in Wien — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38875#0067
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Einleitung.

67

die Salonefresken als Prognosticabilder zu betrachten. Wie im
Palazzo Schifanoja ein mehrstreifiges Sphärenschema erscheint,
zu oberst die Zeitherrscher nach Manilius, dann die indischen Dekane
und Tierkreiszeichen, unten der Monatskalender1, so erscheint auch
hier im Salone ein mehrstreifiges kosmologisches System dar-
gestellt. Die Ordner des Kosmos in den beiden unteren Streifen
sind die Tierkreiszeichen mit den Monatsbildern. Den Tierkreis-
zeichen zugeordnet sind nicht die 12 Monatsherrscher des Manilius,


Abb. 40. Maler und Gelehrter. Mercurkinder aus dem Salone (Barzon Nr. 56 b u. 51 c)

die erst die Renaissance wiederentdeckt hat, sondern nach gemein
mittelalterlicher Anschauung die Planeten, die ihr Haus in dem
betreffenden Tierkreiszeichen haben2; und wie zu den Zodiakal-
zeichen die Monatsbilder erscheinen, so erscheinen zu den Planeten
die Planetenkinderbilder. Im obersten Streifen sind endlich
Sternbilder der Sphaera barbarica dargestellt, die zugleich mit den
betreffenden Tierkreiszeichen aufgehen.
Wenn aber auch unsere Bonatti-Handschrift keinerlei inhalt-
liche Beziehungen zu dem Paduaner Freskenzyklus hat, so lehren
doch die unzweifelhaft vorhandenen ikonographischen Überein-
stimmungen nichts Unwichtiges. Unsere Handschrift stellt sich
uns als ein Dokument aus jener Epoche dar, in der sich der astro-
logische Bilderzyklus geformt hat. Nur zum Teil im Anschluß an
ältere Vorbilder aus dem enzyklopädischen Bilderkreis entstehen in
den Handschriften des 14. Jahrhunderts jene Genrebilder astro-
logischen Inhalts, die dem früheren Mittelalter zum größeren Teil
unbekannt sind, und die bis ans Ende der Renaissance in Monu-
1 Vgl. A. Warburg, Ital. Kunst und internazionale Astrologie im Pal.
Schifanoja zu Ferrara (in: Italia e l’arte straniera. Atti del X.Congr. internaz.
di Storia dell’Arte in Roma, Roma 1922), S. 179f.
2 Daß jedem Tierkreiszeichen ein Apostel zugeteilt ist, ist ein christiani-
sierender Zug dieses Systems; zu der Entsprechung Tierkreiszeichen-Apostel vgl.
Piper, Mythologie d. christl. Kunst, I, 2, S. 292 f.
 
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