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Künßberg, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 1. Abhandlung): Rechtssprachgeographie — Heidelberg, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.38921#0044
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Frh. y. Künssberg:

Flensburger Stadtrechts (aus dem 15. Jhd.) setzt lithkop für
winkop. |In Handschriften verdrängt Weinkauf das andere Wort91.
Im Mischgebiete kommen beide auch nebeneinander vor92.
Sehen wir näher zu, welche Belege von leitkauf am weitesten
nach Westen gelangt sind und hier sozusagen als Fremdwörter
überliefert sind, so ergibt sich Folgendes: Zunächst leikauf in einer
Tischlerordnung zu Rheinfelden bei Basel von 155693, dann leitkauf
machen in einer Frankfurter Zunfturkunde von 1562 und schließ-
lich westlich vom Rhein, in Schlettstadt leibkauf machen in einer
Schlosserordnung von 160894. Für Rheinfelden ist noch zu bemer-
ken, daß leitkauf wohl in der Tischlerordnung von 1582 über-
nommen ist, daß aber die sonstigen Handwerksordnungen weinkauf
sagen. Es ist, so scheint mir, mit Händen zu greifen, daß wir in
den drei angeführten Stellen einen neuen Beweis dafür haben, wie
Wörter mit den Handwerksburschen wandern. Wenn uns einmal
ein quellenmäßiges Wörterbuch der Handwerkssprache bescheert
wird, wird es ja für diese Erscheinung reichlich Beispiele geben.
Wie wichtig wäre es überdies, eine Untersuchung über die Ver-
wandtschaft der Zunftordnungen zu haben95!
Wo der Weinkauf recht wörtlich genommen wurde, da waren
Ausartungen naheliegend. Daher ist es nicht überraschend, daß
1528 — also in einer Zeit, als Saufen Tapferkeit bedeutete und
das Büchlein vom Zutrinken des Frh. v. Schwarzenberg nötig
und zeitgemäß war — in der Stadt Wertheim ausdrücklich ver-
ordnet wurde96:
Wir werden auch bericht, das biß anher, und noch aber unser
hievorige Warnung, die kauff, Wechsel und andere geding bei dem wein
gemacht und auch mit dem weinkauff bestettigt werden. Ist demnach
91 Ackermann aus Böhmen 20, 9 (Ausg. Bernt-Burdach).
92 myd lykauffs- und myd weynkauffes lüthen 1353 Statuten von Clingen.
sampt dem Wein: oder Leutkauff 1610 Württemb. Landrecht.
93 Das Schweizerische Idiotikon, das III 167ff. reiche Belege für Wein-
kauf entfaltet, hat keinen Beleg für Leitkauf.
94 Übrigens gibt es auch in der Krakauer Schlosserordnung' von 1646
leinkauf.
95 Vgl. unten SWS.
96 Oberrheinische Stadtrechte I, 44. Vgl. aber dazu den Schwank von
den Bauerseheleuten, die gelobt hatten nicht mehr zu trinken. Da verkauften
sie sich gegenseitig ihren Esel und nun mußten sie dabei jedesmal Weinkauf
trinken. Pauli, Schimpf und Ernst, Nr. 306; dazu Boltes Anmerkungen
II, 330.
 
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