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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0062
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62

Hans v. Schubert:

vollkommene Verinnerlichung bedeutete die vollkommene Indivi-
dualisierung der Religion und führte bei dem freiheitlichen und
praktischen Sinn des Engländers zu der grundsätzlichen Forde-
rung der Gewissensfreiheit und zu dem Ernstmachen damit. Die
Konsequenz aber, die hier noch fehlte, wurde drüben jenseits des
Ozeans in Neu-England rasch gezogen. Toleranz gegen Juden und
Heiden, vollbürgerliches Recht für alle verkündete schon Roger
Wilhams, der erste Präsident von Rhode Island in Massachusets1.
Dieser religiöse Ursprung hat bewirkt, daß die Vorteile der
Lage gerade der katholischen Kirche nur langsam zugute kamen,
vorab in den Ländern, in denen man sich von ihrem Seelenzwang
nur unter blutigsten Opfern befreit hatte, wie Holland und Eng-
land. Man hielt den Papismus hier für anticliristlich, dazu für
staatsgefährlich2. Cromwell und selbst Wilhelm III. nahmen in
ihren Toleranzedikten die Katholiken aus, die ihre große Königin
gebannt hatten. Um so nachdrücklicher machten diese sich selbst
zum Träger des Toleranzgedankens; der katholische Jakob II. erließ
die Indulgenzakte, und wenn auch das protestantische Parlament
sie ihm mit der Testakte wieder aus der Hand schlug3, 1829 fiel
die letztere, und in diesen unseren Tagen wurden durch die Roman
Catholic Relief Rill auch die letzten Beschränkungen der katho-
lischen Kultusübung aufgehoben. Bei uns selbst aber im jungen Reich
erlebte man 6 Jahre lang einen ,,Toleranzantrag“ des Zentrums4.
als Erwählung-slehre und Spezialberufung gespielt hat und die bei Robinson,
dem Begründer des Independentismus, wie bei Cromwell, seinem größten
Sohne, auch bei Roger Williams sicher zu erweisen ist, scheint mir noch nicht
hinreichend untersucht. Sie mußte gerade in der uns hier angehenden Richtung
wirken. Predestination is the root of all puritanism and puritanism is the root of
all rebellion, heißt es in der Declaration zu den 39 Artikeln von 1628.
1 Weingarten S. 37, 110ff.; Jellinek, Die Erklärung der Menschen-
und Bürgerrechte2, S. 39ff. (1904), wo auch die Literatur, dazu, die Folgen
einschränkend, J. Hasi-iagen in Z. f. d. ges. St.-Wiss. 1924, S. 401 ff.; K. Müller,
KG. II 2, 479f,
2 A. O. Meyer betont diese Schranke der Toleranz a. a. 0. stark. Aber
auch hier gab es Ausnahmen, z. B. Busher a. a. O. S. 51 oder Baillie, Letters
II, 181: Goodwin — is openly for a full liberty of conscience to all sects, even
Turks, Jews, Papists — This way is very pleasant to very many here (1644).
3 Auch im calvinistischen Holland versagte man den Katholiken die voll-
bürgerlichen Rechte, die man den Lutheranern und den Mennoniten gewährte,
vgl. K. Müller, KG. 11,2,431,429, ja auch vielfach in Amerika, s. Hashagen.
4 Dez. 1926, vgl. Hermelink in Chr. Welt 1927, 5, S. 89f. — Antrag
Lieber v. 5. Dez. 1900 (volle Freiheit des Bekenntnisses, der Vereinigg. zu
Rel.-Ges., zur Religionsübung), dazu die Reichstagsverhandlungen v. 29. I.
1901 und 1.—5. V. 1902, 4. II. 1905, 24.—31. I. und 2. VI. 1906.
 
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