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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 2. Abhandlung): Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38924#0052
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52

Hans v. Schubert:

sischen Kirchengesetze der napoleonischen Zeit aus dem Anfang des
19. Jahrhunderts stehen am Ende dieser ganzen Entwicklung: das
Konkordat von 1801 mit seiner Nominierung der Bischöfe durch
den ersten Konsul, die organischen Artikel von 1802 mit ihrer Er-
gänzung des Konkordates in streng gallikanischem Sinn, die große
Säkularisation der deutschen geistlichen Staaten von 1803, die
diesen überlebten Mischgebilden das verdiente Ende bereitete und
das geistliche Recht auch in Deutschland zwang, wirklich geist-
licher zu werden1. Als dann der Kaiser Napoleon auch den Kirchen-
staat besetzte, den Papst gefangen nach Frankreich führte und ihm
das Versprechen abnötigte, in Avignon zu residieren, war es, als ob
man den Anfang dieser ganzen Entwicklung unter Philipp dem
Schönen noch einmal erleben sollte. Er fand sich aber auch mit
Ludwig XIV. zusammen, dessen Artikel von 1682 er 1810 zum
Reichsgesetz machte, wußte sich als den Nachfolger Karls des
Großen, dessen Schenkung er zurücknahm, indem er auch den
Kirchenstaat einzog, und durfte sich auch in der Nachfolge Justi-
nians fühlen, dessen Codex man wohl den Code Napoleon zur Seite
stellen darf.
IV.
Was wir hier vorgeführt haben, setzte die Lage voraus, die
seit Constantin in der christlichen Welt herrschte: die in den Staat
und sein Recht eingefügte katholische Kirche und der in die katho-
lische Kirche und ihr Recht eingefügte Staat — zwei engstverbun-
dene Größen, deren Verbundenheit gerade das Problem hervor-
gebracht hatte: welche Rechtsinstanz war im Zweifelsfalle die höhere ?
Aber diese Voraussetzung traf seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr
allgemein zu: der Schwächezustand der Kirche und ihres Rechtes
hatte unter Förderung des Staates und seiner Rechtsansprüche für
weite Teile der Christenheit nicht nur zur Krise, sondern zur Kata-
strophe geführt. Das einheitliche corpus Christianum hatte auf-
gehört zu sein.

reformatorischen Zeit, dem Frankreich des 15. Jahrhunderts, der Appell comme
d'abus speziell der pragmat. Sanktion von Bourges; aber auch in Bayern
wurden seit 1491 ohne Bestätigung des Landesherrn kirchliche Erlasse zur
Publikation nicht zugelassen. —- Das Wiener Konkordat von 1448 war, wie
die vorausgehenden „Fürstenkonkordate“, schon wieder ein Vertrag zwischen
Staat und Kurie, während die Konstanzer von 1418 (bei Hübler S. 106 11.)
zwischen Kurie und Kirchennation geschlossen wurden.
1 Konkordat, Organ. Artikel und Säkularisation bei Mirbt S. 41911.
 
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