74 Hans y. Schubert: Der Kampf des geistlichen und weltlichen Rechts.
standen, so entstand ein bayrisches1, bei dem es dem klugen Ver-
treter der Kurie unter anderem glückte, in der Schulfrage das
im neuen Codex niedergelegte Recht vollkommen durchzusetzen.
Mit dieser Erledigung in einem Teile des Reiches ist dem weiteren
Fortgang der Dinge in Deutschland zu gunsten der Kirche bewußt
präjudiziert. Die Erregung aber zeigt, wie leicht der latente Kon-
flikt wieder zum offenen werden kann.
* *
*
Wir scheiden mit dem Eindruck eines ewig sich wandelnden,
ewig sich wiederholenden Kampfes. Muß das sein ? Jellinek ruft
in der genannten Rede2 die Logik an, um die Frage entschlossen
zu bejahen: natürlich, solange zwei Rechte als die höchsten zu
gelten beanspruchen, solange auch der Katholizismus Gesellschafts-
ordnung sein will wie der Staat, solange im Grunde zwei Staats-
systeme miteinander ringen. Darüber darf nicht täuschen, daß der
Kampf so viel geistiger und das Kampffeld so viel begrenzter
geworden ist. Auch heute noch ist ein Konkordat nur ein Kom-
promiß und also ein Interim. Es gibt keine Lösung als die aller-
älteste, die wir dem Sinne Christi gemäß finden. Der Staat als der
Träger des Rechtes hat davon Abstand genommen, die Religion zu
meistern, die Religion als die Eildnerin der Gesinnung wird darauf
verzichten müssen, Recht zu setzen. Recht und Religion werden
auch dann in Streit geraten können, aber eine Rechtsreligion ist für
Millionen ein Widerspruch in sich selbst. Ihn aufzulösen bedarf es
eines rein geistigen Kampfes und einer inneren Wandlung in den
Seelen der Menschen.
1 Über das bayr. Ivonk. hier nur: An schütz, Rothen bücher (Arch.
f. öff. R. 1925, S. 324 ff.) und Mirbt (Neue kirchl. Zeitschr. 1925, S. 371 ff). Das
lett. und poln. von 1922 u. 1925 in d. Acta sed. apost. XIV u. XVII, deutsch
bei F. v. Lama, Papst u. Kurie nach dem Weltkrieg (1926) S. 266ff., 405ff.,
das rumän. u. jugosl. sind noch nicht ratifiziert. Dagegen hat Württemberg
1924 die Regelung durch Staatsgesetz vorgezogen, und für die Tschechei er-
klärte soeben Benesch das Gleiche zu wollen (fr. Mitt. v. Hermelink).
2 S. 11 (auch Ausgewählte Sehr. u. Reden, 1911, I, 403f.): „So ist denn
auf dem Schauplatz dieser Kriege und Waffenstillstände jede Vermittlung,
die nicht bloß einen modus vivendi, sondern den ewigen Frieden bezweckt,
gänzlich ausgeschlossen. Man kann sich nur auf den einen oder den andern
Standpunkt stellen, wie immer die jeweilige praktische Lösung ausfallen mag.
Stellt man sich aber auf den staatlichen Standpunkt und vermag man folge-
richtig zu denken, dann gilt alles aus kirchlicher Quelle stammende Recht
nur insoweit und insolange, als der Staat es anerkennt.“
standen, so entstand ein bayrisches1, bei dem es dem klugen Ver-
treter der Kurie unter anderem glückte, in der Schulfrage das
im neuen Codex niedergelegte Recht vollkommen durchzusetzen.
Mit dieser Erledigung in einem Teile des Reiches ist dem weiteren
Fortgang der Dinge in Deutschland zu gunsten der Kirche bewußt
präjudiziert. Die Erregung aber zeigt, wie leicht der latente Kon-
flikt wieder zum offenen werden kann.
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Wir scheiden mit dem Eindruck eines ewig sich wandelnden,
ewig sich wiederholenden Kampfes. Muß das sein ? Jellinek ruft
in der genannten Rede2 die Logik an, um die Frage entschlossen
zu bejahen: natürlich, solange zwei Rechte als die höchsten zu
gelten beanspruchen, solange auch der Katholizismus Gesellschafts-
ordnung sein will wie der Staat, solange im Grunde zwei Staats-
systeme miteinander ringen. Darüber darf nicht täuschen, daß der
Kampf so viel geistiger und das Kampffeld so viel begrenzter
geworden ist. Auch heute noch ist ein Konkordat nur ein Kom-
promiß und also ein Interim. Es gibt keine Lösung als die aller-
älteste, die wir dem Sinne Christi gemäß finden. Der Staat als der
Träger des Rechtes hat davon Abstand genommen, die Religion zu
meistern, die Religion als die Eildnerin der Gesinnung wird darauf
verzichten müssen, Recht zu setzen. Recht und Religion werden
auch dann in Streit geraten können, aber eine Rechtsreligion ist für
Millionen ein Widerspruch in sich selbst. Ihn aufzulösen bedarf es
eines rein geistigen Kampfes und einer inneren Wandlung in den
Seelen der Menschen.
1 Über das bayr. Ivonk. hier nur: An schütz, Rothen bücher (Arch.
f. öff. R. 1925, S. 324 ff.) und Mirbt (Neue kirchl. Zeitschr. 1925, S. 371 ff). Das
lett. und poln. von 1922 u. 1925 in d. Acta sed. apost. XIV u. XVII, deutsch
bei F. v. Lama, Papst u. Kurie nach dem Weltkrieg (1926) S. 266ff., 405ff.,
das rumän. u. jugosl. sind noch nicht ratifiziert. Dagegen hat Württemberg
1924 die Regelung durch Staatsgesetz vorgezogen, und für die Tschechei er-
klärte soeben Benesch das Gleiche zu wollen (fr. Mitt. v. Hermelink).
2 S. 11 (auch Ausgewählte Sehr. u. Reden, 1911, I, 403f.): „So ist denn
auf dem Schauplatz dieser Kriege und Waffenstillstände jede Vermittlung,
die nicht bloß einen modus vivendi, sondern den ewigen Frieden bezweckt,
gänzlich ausgeschlossen. Man kann sich nur auf den einen oder den andern
Standpunkt stellen, wie immer die jeweilige praktische Lösung ausfallen mag.
Stellt man sich aber auf den staatlichen Standpunkt und vermag man folge-
richtig zu denken, dann gilt alles aus kirchlicher Quelle stammende Recht
nur insoweit und insolange, als der Staat es anerkennt.“