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Heinrich Mitteis:
Sve so ok begint to antwerdene, unde wärt irrte en ding geleget mit
ordelen, ne kumt he nicht vore, he is in der klage gewannen,
um für den Ungerichtsprozeß die Situation schlaglichtartig zu
beleuchten; genau dasselbe ergibt sich für den Prozeß um Gut1
aus der Gegenüberstellung von Ssp. I, 70, § 1; II, 24, § 1 und Sachs.
Lehnr. 43, § 1 mit Sachs. Lehnr. 66, § 4; im Schuldprozeß2 ist
schon eine starke Vermischung eingetreten, Ssp. III, 39, § 3:
So ene man vor gerichte sciildeget unde ime die richtere to rechter
antworde gebiit, ne wel he nicht a.ntwerden noch mit rechte untreden
sik, dat he icht antwerden sole, so delt man ine weddehaft; also dut
man to dem andern unde tome dridden male, unde ne antwerdet
he den noch nicht, so is he gewunnen in der scult3.
Inwieweit die übrigen Quellen, namentlich Süddeutschlands,
derselben Unterscheidung Ausdruck verleihen, könnte vielleicht
einmal zum Gegenstand einer eigenen Untersuchung gemacht
werden4. Wir wenden uns jetzt zur fränkischen Zeit zurück, um
das Versäumnisverfahren des Königsgerichts einer Prüfung zu
unterziehen.
3. Wir besitzen darüber ein hochwichtiges Zeugnis in der Lex
Salica selbst. Der berühmte Titel 56, dem Tit. 1065 über den
Antrustionenprozeß im wesentlichen nachgebildet ist, ist einer der
verhältnismäßig klarsten der Lex; er stammt sichtlich nicht aus
dem volksrechtlichen Grundbestand, sondern aus der Masse der
„Konstitutionen“, denen der Charakter von Novellen zuzusprechen
ist6. Er behandelt nicht das primäre, auf Klage vor dem Königs-
gericht spielende Versäumnisverfahren, sondern das aus dem Volks-
gericht dahin übergeleitete. Die Einzelheiten des Überleitungs-
verfahrens, die Zahl der Termine7 beim Volksgericht und beim
1 Dazu Planck, Das Deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter II,
282ff., 317ff.
2 Dazu Planck, a. a. 0., I, S. 60.
3 Beachte in § 4 das Hinüberwechseln zum Eremodizialprinzip: Gat ime
aver die scult an den lif oder an sin gesunt, die mut die klegere selve seiende
getügen up ine.
4 Die materialreiche Darstellung von Planitz, Vermögensvollstreckung
I, 413ff., ist leider für unsre Frage unergiebig.
5 Bei Beiirend cap. II 8 (S. 140), bei Geffcken cap. V 8 (S. 74).
6 Vgl. Franz Beyerle, ZRG. 44, S. 221 f.
7 Eine viermalige Ladung nehmen an (allerdings mit Bezug auf den
Paralleltitel über den Antrustionenprozeß, Cap. ad leg. Sal. II 8) Brunner,
RG. II, 33730; Sohm, Prozeß der L. Sah, S. 161; Schreuer, Verbrechens-
Heinrich Mitteis:
Sve so ok begint to antwerdene, unde wärt irrte en ding geleget mit
ordelen, ne kumt he nicht vore, he is in der klage gewannen,
um für den Ungerichtsprozeß die Situation schlaglichtartig zu
beleuchten; genau dasselbe ergibt sich für den Prozeß um Gut1
aus der Gegenüberstellung von Ssp. I, 70, § 1; II, 24, § 1 und Sachs.
Lehnr. 43, § 1 mit Sachs. Lehnr. 66, § 4; im Schuldprozeß2 ist
schon eine starke Vermischung eingetreten, Ssp. III, 39, § 3:
So ene man vor gerichte sciildeget unde ime die richtere to rechter
antworde gebiit, ne wel he nicht a.ntwerden noch mit rechte untreden
sik, dat he icht antwerden sole, so delt man ine weddehaft; also dut
man to dem andern unde tome dridden male, unde ne antwerdet
he den noch nicht, so is he gewunnen in der scult3.
Inwieweit die übrigen Quellen, namentlich Süddeutschlands,
derselben Unterscheidung Ausdruck verleihen, könnte vielleicht
einmal zum Gegenstand einer eigenen Untersuchung gemacht
werden4. Wir wenden uns jetzt zur fränkischen Zeit zurück, um
das Versäumnisverfahren des Königsgerichts einer Prüfung zu
unterziehen.
3. Wir besitzen darüber ein hochwichtiges Zeugnis in der Lex
Salica selbst. Der berühmte Titel 56, dem Tit. 1065 über den
Antrustionenprozeß im wesentlichen nachgebildet ist, ist einer der
verhältnismäßig klarsten der Lex; er stammt sichtlich nicht aus
dem volksrechtlichen Grundbestand, sondern aus der Masse der
„Konstitutionen“, denen der Charakter von Novellen zuzusprechen
ist6. Er behandelt nicht das primäre, auf Klage vor dem Königs-
gericht spielende Versäumnisverfahren, sondern das aus dem Volks-
gericht dahin übergeleitete. Die Einzelheiten des Überleitungs-
verfahrens, die Zahl der Termine7 beim Volksgericht und beim
1 Dazu Planck, Das Deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter II,
282ff., 317ff.
2 Dazu Planck, a. a. 0., I, S. 60.
3 Beachte in § 4 das Hinüberwechseln zum Eremodizialprinzip: Gat ime
aver die scult an den lif oder an sin gesunt, die mut die klegere selve seiende
getügen up ine.
4 Die materialreiche Darstellung von Planitz, Vermögensvollstreckung
I, 413ff., ist leider für unsre Frage unergiebig.
5 Bei Beiirend cap. II 8 (S. 140), bei Geffcken cap. V 8 (S. 74).
6 Vgl. Franz Beyerle, ZRG. 44, S. 221 f.
7 Eine viermalige Ladung nehmen an (allerdings mit Bezug auf den
Paralleltitel über den Antrustionenprozeß, Cap. ad leg. Sal. II 8) Brunner,
RG. II, 33730; Sohm, Prozeß der L. Sah, S. 161; Schreuer, Verbrechens-