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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0048
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48

Heinrich Mitteis:

von Bedeutung war. Besonders augenfällig tritt diese Fristverkür-
zung auf eine im Belieben des Gerichtes liegende Zeitspanne bei
dem Verfahren gegen Crema 1159 hervor1, wo erst im Juni die
Klage erhoben und daraufhin der lösbare Reichsbann verhängt,
dann aber im September ein Urteil auf Konfiskation des Gutes
gefunden und alsbald durch Weiterverleihungen ausgeführt wird.
VI.
Damit haben wir den wichtigsten, im eminentesten Sinne poli-
tischen Prozeß der ganzen Hohenstaufenzeit erreicht, den Prozeß
Heinrichs des Löwen. In ihm sollte es sich entscheiden, ob
hei der im Innern des Reiches konsolidierten, nach Osten unbegrenzt
expansionsfähigen Herzogsmacht der Welfen oder bei der erst um
die Durchführung ihrer italienischen Politik ringenden Kaiser-
macht der Staufer die Zukunft Deutschlands hegen sollte.
Über die inneren Motive des Prozesses, überhaupt die ganze
weitere Vorgeschichte kann hier nicht gehandelt werden; das
würde auf eine Rekapitulation der gesamten Regierungsgeschichte
Barbarossas hinauslaufen. Hingegen bleibt es uns nicht erspart,
so viel auch schon darüber geschrieben worden ist, den heutigen
Stand der Wissenschaft von der Überlieferung der Prozeßgeschichte
selbst in tunlichster Kürze vorzuführen.
Wir besitzen über den Prozeß eine Urkunde, vielleicht die
berühmteste deutsche Kaiserurkunde des Mittelalters, die Geln-
häuser Urkunde vom 13. April 1180. Über ihre Echtheit besteht
kein Streit; ebensowenig wird die Ansicht mehr auf Anhang zu
rechnen haben, nach der sie nicht aus der kaiserlichen Kanzlei
stammt, sondern eine „Empfängerausfertigung“ darstellt2. Die
Urkunde stammt aus der kaiserlichen Kanzlei; sie ist ausgestellt
für Philipp von Heinsberg, Erzbischof von Köln und enthält als
Verfügung die Teilung des Herzogtums Westfalen-Engern —- denn
so nannte die Reichskanzlei das Herzogtum Sachsen3 — und die
1 Ficker, a. a. O., S. 180.
2 Das hatte Haller, Der Sturz Heinrichs des Löwen (Archiv f. Urk.-
Forsch. III, 1911), S. 4032, zur Debatte gestellt; S. 4242 bezeichnet er es als
wahrscheinlich, daß Philipp von Heinsberg der Diktator sei. Nicht ablehnend
wohl auch Schambach, Hist. V.J.-Schrift XIX, 81 ff. Dagegen in sorgfältiger
Untersuchung Güterbock, Gelnh. Urk. 28ff.; Ottenthal, N. Arch. 37, 872;
43, 635; Erben, in Papsttum und Kaisertum (1925), S. 411, wo auch ältere
Literatur.
3 Dazu Ficker-Puntschart I, Reichsfürstenstand II, 3, S- 295, 305.
 
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