Politische Prozesse.
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Aber möglicherweise war die Bekanntschaft mit italienischen
Gerichtsgebräuchen nur einer der Kanäle, durch die das sachen-
rechtliche Verfahren wieder den Weg in den Reichshofgerichts-
prozeß zurückfand. Denn das Urteil zeigt, wie jedes Urteil des
fränkisch beeinflußten Rechtsgebietes, ein Zusammenwirken von
Gerichtsleiter und Umstand, hier von Kaiser und Fürsten. Der
Urteilsfinder war ein sächsischer Edelfreier, ihm mußte die säch-
sische Praxis des besonderen liegenschaftsrechtlichen Kontumazial-
urteils, wie sie sich bis in die Rechtsbücherzeit hinein erhalten hatte,
bekannt sein. Aber auch der Kaiser selbst hatte das Verfahren in
Italien an der Quelle studiert: finden wir ihn doch kurz vorher,
1084, als Vorsitzenden eines placitum zu Rieti1, in dem er selbst
dem Abte von Farfa wegen Ungehorsams des Beklagten die in-
vestitura salva querela in Liegenschaften erteilte. Es liegt nicht
allzu ferne, daß er beabsichtigte, ein ähnliches Verfahren mit provi-
sorischer Einziehung und — allerdings verkürzter2 — Ausziehfrist
in seinem deutschen Hofgericht einzuführen, und daß er sich hierin
mit den Rechtsanschauungen seines Umstandes berührte. Man
braucht sich ja den Urteilsvorschlag jenes Edlen nicht ganz spontan
gefunden vorzustellen; vielleicht hatte der Kaiser die Urteilsfrage
so bestimmt formuliert, daß jener Vorschlag die Frage nur zu wieder-
holen brauchte. Er wollte eben die Adjudikation in besonders deut-
licher Form und unter voller Publizität, um ein Doppeltes zu
erreichen: Einmal Ekbert noch eine gewisse Ausziehfrist zu lassen,
nach deren Ablauf aber jeden Anschein eines Rechtsanspruchs auf
Rückverleihung auszuschließen.
Mag man sich dieser Ansicht anschließen oder nicht •— jeden-
falls bringt der Prozeß Ekberts eine neue Note in das hofgerichtliche
Versäumnisverfahren hinein. Ist er noch nicht selbst ein Lehns-
prozeß, so weist er doch der Ausbildung eines eigenen lehnrecht-
lichen Kontumazialverfahrens den Weg und bildet so die wichtigste
Vorstufe für den Prozeß Heinrichs des Löwen.
Für den Rest der Salierzeit kann sich die Darstellung kurz
fassen. Franklin3 verzeichnet hier einige Hochverratsprozesse mit
1 Ficker, Forsch. IV, Nr 86, p. 130.
2 Zwischen dem Quedlinburger Urteil vom Juli 1088 und der Weiter-
vergebung an Utrecht (1. 2. 89) liegt kein ganzes Jahr. Ich komme auf die
Bedeutung dieser Fristverkürzung in anderem Zusammenhänge (unten S. 71)
nochmals zurück.
3 Reichshofgericht I, S. 34.
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Aber möglicherweise war die Bekanntschaft mit italienischen
Gerichtsgebräuchen nur einer der Kanäle, durch die das sachen-
rechtliche Verfahren wieder den Weg in den Reichshofgerichts-
prozeß zurückfand. Denn das Urteil zeigt, wie jedes Urteil des
fränkisch beeinflußten Rechtsgebietes, ein Zusammenwirken von
Gerichtsleiter und Umstand, hier von Kaiser und Fürsten. Der
Urteilsfinder war ein sächsischer Edelfreier, ihm mußte die säch-
sische Praxis des besonderen liegenschaftsrechtlichen Kontumazial-
urteils, wie sie sich bis in die Rechtsbücherzeit hinein erhalten hatte,
bekannt sein. Aber auch der Kaiser selbst hatte das Verfahren in
Italien an der Quelle studiert: finden wir ihn doch kurz vorher,
1084, als Vorsitzenden eines placitum zu Rieti1, in dem er selbst
dem Abte von Farfa wegen Ungehorsams des Beklagten die in-
vestitura salva querela in Liegenschaften erteilte. Es liegt nicht
allzu ferne, daß er beabsichtigte, ein ähnliches Verfahren mit provi-
sorischer Einziehung und — allerdings verkürzter2 — Ausziehfrist
in seinem deutschen Hofgericht einzuführen, und daß er sich hierin
mit den Rechtsanschauungen seines Umstandes berührte. Man
braucht sich ja den Urteilsvorschlag jenes Edlen nicht ganz spontan
gefunden vorzustellen; vielleicht hatte der Kaiser die Urteilsfrage
so bestimmt formuliert, daß jener Vorschlag die Frage nur zu wieder-
holen brauchte. Er wollte eben die Adjudikation in besonders deut-
licher Form und unter voller Publizität, um ein Doppeltes zu
erreichen: Einmal Ekbert noch eine gewisse Ausziehfrist zu lassen,
nach deren Ablauf aber jeden Anschein eines Rechtsanspruchs auf
Rückverleihung auszuschließen.
Mag man sich dieser Ansicht anschließen oder nicht •— jeden-
falls bringt der Prozeß Ekberts eine neue Note in das hofgerichtliche
Versäumnisverfahren hinein. Ist er noch nicht selbst ein Lehns-
prozeß, so weist er doch der Ausbildung eines eigenen lehnrecht-
lichen Kontumazialverfahrens den Weg und bildet so die wichtigste
Vorstufe für den Prozeß Heinrichs des Löwen.
Für den Rest der Salierzeit kann sich die Darstellung kurz
fassen. Franklin3 verzeichnet hier einige Hochverratsprozesse mit
1 Ficker, Forsch. IV, Nr 86, p. 130.
2 Zwischen dem Quedlinburger Urteil vom Juli 1088 und der Weiter-
vergebung an Utrecht (1. 2. 89) liegt kein ganzes Jahr. Ich komme auf die
Bedeutung dieser Fristverkürzung in anderem Zusammenhänge (unten S. 71)
nochmals zurück.
3 Reichshofgericht I, S. 34.