Metadaten

Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0047
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Politische Prozesse.

47

Rede sein, und davon gilt auch bei Sprüchen ein und desselben
Gerichts keine Ausnahme. Zugegeben, daß dies ein formal-juri-
stischer Gesichtspunkt ist — aber Barbarossa benutzte eben die
formale Natur des Kontumazialverfahrens mit großer Klugheit, um
einen von seinem Vorgänger gemachten politischen Fehler wieder
gut zu machen; und so befinden sich Politik und Recht im besten
Einklang.
Von den weiteren Rechtsverfahren, die in der Zeit von 1155
bis 1179 das Hofgericht Barbarossas beschäftigt haben, soll nicht
eingehend gehandelt werden. Zwar bieten sowohl der zum Teil in
prozessualen Formen ausgetragene Streit um die Besetzung des
Salzburger erzbischöflichen Stuhles, der sich durch ein Jahrzehnt
hinzog, als auch die Strafgerichte über oberitalienische Städte,
insbesondere Mailand, viel des rechtshistorisch Interessanten1. Aber
der erstgenannte Prozeß ist kein Kontumazialverfahren; und bezüg-
lich der italienischen Prozesse würde sich die methodische Schwie-
rigkeit ergeben, daß zunächst auf die von Ficker ermittelten
Unterschiede des italienischen Bann- vom deutschen Achtverfahren
eingegangen werden müßte, wodurch der Fluß der Darstellung
unterbrochen werden würde. Daher sei im allgemeinen auf die von
Ficker2 und Niese3 gegebene Darstellung verwiesen. Diese be-
stätigt das schon gewonnene Ergebnis, daß überall, wo eine dau-
ernde Rechtsverwirkung als Folge der Säumnis festgestellt werden
sollte, zu einer eignen Adjudikation der Lehen bzw. der ihnen ent-
sprechenden Regalien gegriffen und diese zur Grundlage der Weiter-
verleihung oder Rückgabe an die Lehnsherren gemacht wurde. Nur
auf einen Punkt, dessen Heranziehung später wertvoll werden kann,
soll mit ein paar Worten hingewiesen werden: Charakteristisch für
das italienische Bannverfahren ist seine etappenweise Entwicklung,
die mit dauerndem Ungehorsam immer schärfer werdende An-
spannung des Zwangsapparates. Dabei hat schon Ficker4 hervor-
gehoben, daß im Reichsgerichtsverfahren von normalisierten Fristen
völlig abgesehen wurde, obwohl in den weltlichen wie kirchlichen
Gerichten Italiens die Jahresfrist für das Ungehorsamsverfahren
1 Insbesondere auch für die Frage der Deliktsfähigkeit der Korporation
und der damit zusammenhängenden genossenschaftlichen und organschaft-
lichen Haftungen.
2 Forschungen I, 179ff.
3 A. a. O., 217ff.
4 A. a. O., S. 178.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften