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Mitteis, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1926/27, 3. Abhandlung): Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38925#0070
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70

Heinrich Mitteis:

Ungericht vor das Hofgericht im Landrechtsprozesse ebenfalls nicht
gefolgt war. Daraufhin war er nach Landrecht geächtet worden.
Die Aburteilung der Lehen erfolgte zu Würzburg und bildete die
vom Lehnrecht festgesetzte Folge der Pflichtverletzung des Vasallen.
Von einem „lehnrechtlichen Strafurteil“1 kann man, nebenbei
gesagt, nur bedingt sprechen. Ein eigenes Lehnsstrafrecht gibt es
nicht, vielmehr ruht die Folge der Rechtsverletzung auf dem Lehns-
vertrag selbst; Vertragsverletzung, nicht eigentlich strafbare Hand-
lung, führt zur Privation. In dieser Möglichkeit liegt eben die
Schärfe und Strenge des Lehnrechtes.
Das Urteil über die Reichslehen ist nun in Gelnhausen zur teil-
weisen Ausführung gelangt, in dem ein Teil von Sachsen dem Erz-
bischof zu Köln legitimo donationis titulo zu Lehen gegeben wird.
Diese Fassung ist durch Güterbock sichergestellt worden; es ist
durchaus kein Widerspruch2, daß als causa für den Abschluß des
Lehnsvertrags eine kaiserliche Liberalität angegeben wird; eine
Schenkung kann auch Einräumung einer Rechtsposition zum Inhalt
haben, aus der auch dem Reschenkten Pflichten entstehen, so z. R.
schenkweise Nießbrauchsbestellung. Durch Hinweis auf die Ver-
dienste des Erzbischofs wird der Schenkung der Charakter einer
remuneratorischen verliehen3. Die Verfügung in der Urkunde selbst,
zu der die ausdrückliche Zustimmung der Fürsten und Rernhards
von Anhalt als Erwerber des restlichen Gebietes vermerkt wird,
stellt eine symbolische Investitur Kölns dar. Wann die reale
erfolgt ist, wissen wir nicht. Ebensowenig erfahren wir etwas von
den weiteren Schicksalen Rayerns. Indessen können wieder
annalistische Nachrichten herangezogen werden. Wichtig sind hier
besonders die gut unterrichteten Pegauer Annalen, die noch zwei-
mal Rayerns gedenken: Zum Regensburger Tage vom 24. Juni 1180,
demselben, der die Oberachtverkündung brachte, berichtet der
Annalist, daß Heinrich Bayerns „entsetzt“ worden sei, zum Sep-
tember in Altenburg die Weiterverleihung4. Juristisch kann das
1 Güterbock I, 123; II, 1221.
2 So Francke, a. a. O., S. 18, der im Widerspruch zur herrschenden
Meinung Hingabe zu Eigen- oder Kirchengut nach dem Wormser Konkordat (!)
annehmen will.
3 Ygl. dazu die Gutachten von An schütz über die Rechtslage des Thron-
lehens Oels, Heidelberg 1921, 1924.
4 Ann. Pegavienses MG. SS.XVI, 263: Imperator Fridericus in natali sancii
Johannis Baptisle curiam Ratispone hahuit, uhi ducemHeinricum ex sententia prin-
cipum ducatuBauwarie et hereditate etbeneficiis privavit. Vgl.Güterbock I, S.179.
 
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