Metadaten

Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 4. Abhandlung): Kyrios Jesus: eine Untersuchung zu Phil. 2,5-11 — Heidelberg, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38938#0022
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
22

Ernst Lohmeyer:

und führt in den Kreis der Fragen, welches der Weg zu der sittlichen
Bestimmtheit und gegenständlichen Gültigkeit des Individuums
sei. Aber wie auch die mehr oder minder geläufige Wendung sub-
limiert oder depraviert werde, immer besteht die Voraussetzung,
daß das Etwas, welches ein unverhofftes. Geschick zum Raube dar-
bietet, gleichsam ein von außen Gegebenes, nicht ein innerlich
d. h. gültig Gehabtes sei und daß es erst Gegenständlichkeit ge-
winnt, wenn es von der Idee des Guten bestimmt wird. So erhebt
sich in diesem Zusammenhänge die Frage: Ist das ,,Gott-gleich-
sein“ für den Träger des Entschlusses ein erst zu Besitzendes
oder ein schon Besessenes, wird es gleichsam von außen dargeboten
oder ist es mit dem eigenen Wesen und Bestehen, dem ,,in Gottes
Gestalt sein“ notwendig verknüpft ? Die Frage ist seit den ältesten
Zeiten kirchlicher Exegese umstritten und weder ein eindeutiges
Ja noch ein entschiedenes Nein, das je nach dem wechselnden
eigenen theologischen Standpunkt wechselnd gefällt wurde, ist zur
begründeten Herrschaft gekommen* 1. Das Ja stützt sich auf das
sprachliche Moment, daß die Wendung ap-aypov TjyeiöHai, den
Gegenstand des Meinens von dem Meinenden scheide, das Nein
auf das sachliche Moment, daß wie man auch das Gott-gleich-sein
bestimme, es nicht ein unabhängig von dem Träger gegebenes Etwas,
sondern ein ihm Eigenes sein müsse; denn es ist kein isolierbares
Ding, sondern eine Qualität, die nur durch und an einem ist. Diese

Genuß gebrauchen, was dargeboten wird; vgl. klassisch Xenoph. Anab. VI,
5,18: Plato, Polit. I p. 354 B : coaxsp oi Xlyvoi toö odel Trocpacpspogsvou ajcoysöovToct.
apTOx^ovTE^, xplv toö xpovspou (xerphop obtoXauaou,; Dio Cass. XLI, 44, 2: tov ts
xoapov tou xoXsgou yipizoLGs u. ö. Später aus christlicher Zeit Theodoret,
Qu. in lud. 13 (Migne gr. 80,501): eu-9-üp yoöv mazeüaocq -Oucnav Trpocr/jvsyxsv
■6 8s ayysXop ouy 7]pxaas tt)V O-slocv Ti[r/]v, äXX’ tspswp yocptv exXTjptüae. Ibid. 20
p. 509: Tpocpyjp «pyjaiv oi> Seogai, O-uotav oi> Ssyogca- toüto gsv yap -9-sou, sxsivo
8s tt)c aV'9-pco7ütv7]p ypfj^cü TpofpYji; oö8s tt]v -9-eIocv äpxaLcü TifATjv. In Ps. 10 (Migne
80, 940): oüy -Jjp-aaoc tvjv ßocatXsiav, aXXa. ttjv ysipoTOVtav xapa T?)p gt\c, yapcrop
sSs^agvjv. Die gleiche metaphorische Bedeutungist auchim Lateinischen häufig;
vgl. Cicero Acad. I 33; de re publ. III 40; Tac. Hist. 1,1 2, 17; Seneca de Cle-
ment. 1, 10, 1 u. ö. Die von Bousset, Kyrios Christos2 153, 2 angezogene Pa-
rallele aus den Oracula chaldaica (Kroll p. 12): 6 xocttjp eocutöv i)p~aasv ou8’ sv
st) Suvcicgst. vospa xXslaap l'Siöv xöp weist in einen andersartigen Sinnzusammenhang.
1 äpxaygop = res rapta, so Arius, Didymus, Augustin, Hilarius, Luther,
mit einer anderen Nuance auch Chrysostomus, Theophylakt, Photius, Pelagius,
Calvin, Scaliger. apxocygop = res rapienda, so Athanasius, Hilarius (Expos-
Ps. 118), Chemnitz, von neueren Jülici-ier, Ed. Meyer, Ursprung und Anfänge
des Christentums III, 380 Anm. Vgl. jetzt Loofs in Stud. u. Krit. 1927, 17 ff.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften