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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1927/28, 4. Abhandlung): Kyrios Jesus: eine Untersuchung zu Phil. 2,5-11 — Heidelberg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.38938#0043
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Kyrios Jesus.

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göttlichen Gestalt bedeutete, auch das zweite Beispiel der Erniedri-
gung, den Tod, hinzufügt, der die Vernichtung der Knechtsgestalt
ist. Steht aber dieses letzte Beispiel mit eigenem, vielleicht mit
höherem Gewicht neben dem ersten, so drängt sich der Schluß auf,
daß hier vom Tode nicht nur im Sinne eines naturbestimmten
Endes des Lehens — und das bedeutet: einer mit dem Mensch-
werden verknüpften Erscheinung des Lebens — die Rede ist,
sondern im Sinne einer selbständigen religiös-mythischen Größe.
Der Tod ist wie bekannt im jüdischen Glauben häufig Herr seines
eigenen Reiches, das gleichsam unterhalb des irdischen und ge-
schichtlichen besteht; er ist dieses Reich selber, das mit der „Hölle“
oft bis zur Unterschiedslosigkeit verknüpft ist1. Dann wäre wie
mit sxsvcocsv das Eingehen in das Reich der Menschen, so mit
sTa-öivcogev das Eingehen in das Reich des Todes, also eine Art
von descensus ad inferos gemeint. Zu dieser Bedeutung würde das
Wörtchen pi,, welches das Ziel eines Ganges zu bezeichnen
pflegt, trefflich stimmen. Es bezeichnet die äußerste Tiefe des
Gegensatzes zu der höchsten Höhe, von der zu Anfang die Rede war.
Vor allem klärt sich dann der Aufbau dieses Gedichtes; seine äußere
Form ist ein vollkommener Spiegel seines inneren Gehaltes. Durch
drei Reiche ist die göttliche Gestalt gewandert, durch das himm-
lische, irdische und unterirdische; drei Reichen hat der „Menschen-
sohn“ zugehört, als göttliche Gestalt, als Knechtsgestalt und im
Tode. In je einer Strophe wird diese Zugehörigkeit zu jedem
Reiche geschildert. So sind es auch drei Reiche, die ihm nach
seiner Erhöhung zu Füßen liegen, das himmlische, irdische und
unterirdische. Und von dieser Erhöhung wird wieder in drei Stro-
phen berichtet; und nicht mehr ist jede von ihnen eine geschlossene
Sinneseinheit, sondern die drei sind zu einem in sich ununterbrochen
fortströmenden Gebilde zusammengefaßt, wie denn auch eine Tat
Gottes Christus aus der Nacht der tiefsten Tiefe in das Licht der
höchsten Höhe emporgerufen hat. So wird dieser Psalm zu einem
der vollkommensten Gebilde aus der sonst fast verschollenen ur-
christlichen Dichtung; die sprachliche und geistige Kraft, mit der
ein großer sachlicher Gehalt in einer Form verdichtet ist, die ihm in
vollendeter Weise entspricht, erhebt es zu dem großen Werk eines
großen namenlosen Dichters, dem an urchristlichen Zeugnissen nur
einige Gedichte der Offenbarung des Johannes in ähnlicher, Form
und Gehalt harmonisch verbindender Vollendung zur Seite stehen.
1 Ebenso etwa Apok. 1,18 (vgl. meinen Kommentar z. St.), wo weiteres.
 
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