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Allgeier, Arthur [Hrsg.]; Sankt Gallen [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 2. Abhandlung): Bruchstücke eines altlateinischen Psalters aus St. Gallen: in Codd. 1395 St. Gallen, C 184 Zürich u. 587 Wien — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39910#0058
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Arthur Allgeier :

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ist, sondern gewichtige Gründe sprechen sogar dafür, daß die
ursprüngliche Form des lateinischen Psalters überhaupt nicht die
selbständige Version bildete, wie sie uns heute selbstverständlich
ist. Die älteste Form des lateinischen Psalters dürfte vielmehr
Interlinearversion gewesen sein, die dem Griechischen Wort für
Wort folgte. Dann gehörte also das Griechische als integrierender
Bestandteil notwendig dazu. Die lateinische Übersetzung wollte
und sollte davon nicht losgelöst werden, sondern sollte in den
lateinisch redenden Provinzen, wo die LXX nicht weniger als in
ihrer Heimat das höchste Ansehen genoß, ja als inspiriert galt, zum
leichteren Verständnis dienen wie einst das Targum innerhalb der
semitisch sprechenden palästinischen oder aramäischen Welt. Je
stärker aber das lateinische Element zunahm und dem griechischen
gegenüber an Bedeutung gewann, desto mehr mußten sich auch
die Verhältnisse im Gebrauch der Bibelsprache ändern. Mit der
Zeit wurde die Interlinearversion als selbständiger Teil behandelt,
entweder der LXX in besonderer Kolumne oder auf neuer Seite
gegenübergestellt und schließlich ganz davon losgelöst.
Man kann diesen Prozeß in der Textentwicklung der altlatei-
nischen Psalterien noch deutlich verfolgen. Es sind aber auch
solche Interlinearversionen noch erhalten. Dahin gehört das sog.
Psalterium graecolatinum hibernicum, A. VII 3, der Universitäts-
bibliothek in Basel (bei Rahlfs = D), der Psalter der Plofbibliothek
in Gotha, Mernbr. I. n. 17 (bei Rahlfs = M) und eine Handschrift
des Klerikalseminars in Würzburg (bei Rahlfs = WÜRZBKler). Alle
drei Zeugen stammen aus dem 9./10. Jahrh. und sind irischer Pler-
kunft. Über die Schicksale der Würzburger Handschrift besagt
eine Notiz, daß sie zuvor einmal im Besitz des Würzburger Jesuiten-
kollegs war, und der charakteristische Einband sichert sie weiterhin
als ein Stück der ehemaligen Bibliothek des Fürstbischofs Julius
Echter von Mespelbrunn (1573—1617). Die frühere Geschichte ist
dagegen noch unbekannt.1) Den Gothaer Psalter hat bereits
b 119 fol. (11 X 14,5 cm) 16 Hauptzeilen. Herr Regens Dr. Brander, dem
ich für die Übersendung dieses kostbaren Kleinods an die Universitätsbibliothek
in Freiburg zu großem Dank verpflichtet bin, äußert (brieflich) die Vermutung,
daß die Handschrift aus Fulda stamme. Eine allgemeine Beschreibung lieferte
Franz Delitzsch in der Zeitschrift für lutherische Theologie und Kirche 25 (1864),
221—223. O. Handwerker, Die Hofbibliothek des Würzburgischen Fürstbischofs
•lulius Echter von Mespelbrunn: Nordisk Tidskrift för Bok-och Biblioteks-väsen
XII (1925) 1/42 erwähnt sie nicht.
 
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