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Thomas; Heller, Emmy [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 4. Abhandlung): Die Ars dictandi des Thomas von Capua: kritisch erläuterte Edition — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39952#0050
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50

Emmy Heller:

sehen Thronstreit zur historischen Grundlage, aber auch nur diesen,,
da kein bestimmter Zeitpunkt faßbar erscheint; höchstens, daß rein
logischerweise die geschilderten Schäden für die gesamte Christen-
heit bereits ein längeres Bestehen des Doppelkönigtums voraus-
setzen; terminus ad quem ist 120815.
Auch in dem zweiten Beispiel deuten die Initialen nach einem
Teil der handschriftlichen Überlieferung auf das erste Jahrzehnt
des 13. Jahrhunderts16, und das dritte Beispiel ist sogar genau hier-
her fixierbar17. Es erscheint als ein salopp geformter und in den
Abschriften daher stark verderbter Satz, ohne Rücksicht auf
inhaltliche Kohärenz, am ehesten verständlich in der Fassung von
He., mit dem außer der Londoner Hs. L 2. noch eine Gnesener
und eine Pariser wenigstens dem Wortlaut nach übereinstimmen.
Nach He. und L 2., denen unsere Edition an dieser Stelle folgt,
aber ist auf Otto IV. und seine Kaiserkrönung 1209 Oktober 4.
angespielt, und der zugehörige Papst wäre Innozenz III. Damit
gewinnen wir aber einen ziemlich scharf erfaßbaren Datierungs-
punkt, denn daß ein solcher beispielsmäßig hingeworfener Satz am
ehesten ein naheliegendes Zeitgeschehnis spiegelt, ist klar. Nehmen
wir dazu, daß das zweite Beispiel inhaltlich nach Oberitalien
weist, so ist Avohl kaum zu zweifeln, daß zum Avenigsten die Muster-
stücke unserer ars in Thomas’ Studienzeit entstanden sind und
zwar, wie ihr stark fiktiver und didaktischer Charakter nahelegt, in
engem Zusammenhang mit dem stilistischen Unterricht der Uni-
versität, sei es nun, daß wir die von dem Lehrer der ars dictandi
gegebenen Beispiele Amr uns haben, die der junge Gapuaner in sein

15 Der Hinweis auf das Unglück, das die Christenheit von Osten und
Westen bedroht, ist absolut vag. Eine offizielle Stellungnahme von seiten.
Innozenz’ III. im Thronstreit erfolgte 1201 und 1208, und solches Eingreifen
regte vermutlich gerade zur Wahl eines derartigen Briefentwurfes an. Jeden-
falls scheint mir auch nach der weiter oben erörterten Wahrscheinlichkeit, daß
die Übungen in Thomas’ Studienjahren (1204—1209) entstanden, der Zeit-
raum vor 1200 auszuschalten und der Name des englischen Königs mit Johann
zu ergänzen zu sein.
16 Abschn. 26. Als Bischof von Ferrara kommt nach allen Hss. H. -
Hugo (1190—1210) in Frage, als Bischof von Bologna in der Lesart Aron He.,,
der L 2. und einige römische Hss. folgen, G. = einer der beiden aufeinander
folgenden Gerharde (1187—1198; 1198—1213), nach den Ausführungen der
vorigen Anmerkung vermutlich der letztere. Der Hintergrund des Streites,
ist bei der farblosen Fassung nicht feststellbar.
17 Abschn. 27.
 
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