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Thomas; Heller, Emmy [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 4. Abhandlung): Die Ars dictandi des Thomas von Capua: kritisch erläuterte Edition — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39952#0052
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52

Emhy Heller:

in der Erfassung der von Rom anerkannten und gepflegten Stil-
ideale. Dennoch scheint mir die betont, exklusive Einstellung auf
die päpstliche Kanzlei und auf die Ausbildung guter Diktatoren
für die römische Kirche, wie sie die stilistisch entsprechenden
Schlußproemien zum Ausdruck bringen20, nicht ganz in den Rah-
men des Universitätsunterrichts zu passen, der doch auch die auf
andere Dienste bedachten Hörerkreise berücksichtigen mußte, und
es wird sich zeigen, daß die Vor- und Nachreden tatsächlich einer
späteren Zeit angehören.
Dagegen ist die Wiedergabe der eigentlichen Rriefstillehre —
der Definitionen wie der Regeln — noch für Vicenza anzusetzen, und
wenn hier die Darstellung unserer ars, gemessen an ihrem Vorbild,
den Rationes dictandi, eine gewisse Selbständigkeit und Ausführ-
lichkeit der logischen Präzision und Disposition erkennen läßt, so
ist das wohl im wesentlichen die Frucht einer erneuten didaktischen
Durcharbeitung der Materie in der Schule der formal gewandten
Juristen, durch die die Lehre eine abschließende Prägnanz gewann21.
Das rein bildungsmäßige Niveau erscheint dabei im allgemei-
nen als das nämliche wie in den älteren artes dictandi: wir finden
in der Hauptsache dieselben Etymologien, dieselben Autorennamen,
und nur in der Auswahl der Zitate unterscheidet sich unsere Ein-
leitung von den früheren Vertretern. Wenn wir sie aber gerade hier
vielfach in Übereinstimmung mit Guido Faba finden, so liegt es
wohl nahe, den literarischen Einfluß von Bologna zu erkennen, der

20 Beachte das übereinstimmend gewählte Bibelbild in Proemium II
und Abschn. 31.
21 So erscheinen die Definitionen in unserer ars zum Teil durch glosso-
grapliisch umschreibende Erläuterungen präzisiert, vgl. die für exordium und
narratio in Anlehnung an Cicero; die exakt durchgeführte für dictamen
steht innerhalb der artes dictandi, soweit ich sehen kann, allein. ■— Den Ein-
druck sorgfältiger Disposition macht vor allem die Verarbeitung der Einzel-
vorschriften für eine Materie zu einem zusammenhängenden Regelganzen,
vgl. z. B. die Entwicklung der Gesetze für die salutatio Abschn. 5—41, be-
sonders das systematisch aufgebaute Introductorium Abschn. 9 und 10 (—•
hier verrät ja auch G. Faba die gleiche Schule —■) mit der losen Darstellung
der Rationes S. 11 ff. oder die Erörterung der diminutio hier wie dort. In diesem
Abschnitt sowie in dem über die distinctiones wirkt besonders die übersichtliche
Exemplifizierung didaktisch verdeutlichend, während sonst auffallende Ge-
pflogenheiten durch belehrende Darlegung der Gründe einleuchtend gemacht
werden; vgl. Abschn. 6, 7, 10; über den in 10 erklärten usus curie wundert
sich z. B. die ars Aurelianensis, Q. E. S. 105, Transmund, jüng. Fassg., gibt
in abfälligem Ton eine falsche Erläuterung, vgl. Abschn. 10 Anm. a.
 
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