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Klibansky, Raymond; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 5. Abhandlung): Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39953#0006
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G

Raymond Klibansky:

Doch erheben sich gegen diese in der Überlieferung gegebene
Begrenzung zwei Schwierigkeiten: In dem bisher bekannten Teil
des Pftrmenides-Kommentars verspricht Proklos an mehreren
Stellen auf bestimmte Probleme bei Erörterung der 2. Hypothesis
näher einzugehen; einmal stellt er sogar die Forderung auf, jede
einzelne Hypothese gesondert zu behandeln1. Die ursprüngliche
Absicht, den ganzen Dialog zu kommentieren, steht also außer
Zweifel. Kam diese Absicht zur Ausführung ? Ist ein zweiter, alle
übrigen Hypothesen umfassender Teil des Werkes — der ja des Um-
fangs wegen als 2. Band für den Gebrauch der Schule eine besondere
Handschrift hätte ausfüllen können — nur'durch Schuld der Über-
lieferung verloren gegangen ? Die Betrachtung der 'Platonischen
Theologie’ erweist diese Annahme als unbegründet. In diesem
nicht viel später entstandenen Werk2 beruft sich Proklos bei der
Deutung der 1. Hypothesis auf die „vollendete Exegese“3, die er
im Parmenides-Kommentar gegeben habe; bei der Erörterung der
für die ‘Platonische Theologie’ so wichtigen 2. Hypothesis dagegen
werden die ihr eigentümlichen Probleme ohne jeden Hinweis auf
eine frühere Behandlung von Anfang an ausführlich entwickelt.
Da die 'Platonische Theologie’ die gedankliche Fortführung und
die sj^stematische Ergänzung des Parmenides-Kommentars bildet,
ist anzunehmen, daß die Absicht einer Erläuterung der übrigen
Hypothesen aufgegeben wurde, um ihren spekulativen Gehalt, vor
allem den der 2. Hvpothesis, in einem besonderen Werk syste-
matischer entwickeln zu können, als es im Anschluß an den Par-
menides-Text geschehen konnte, von dessen Hypothesen nach der
Deutung des Proklos4 ja vier rein negativ gerichtet sind. — Eine
zweite Schwierigkeit erwächst aus dem Parmenides-Kommentar
des Damaskios. Da in der Auseinandersetzung mit Proklos, welche
dios Werk bringt, häufig — fast stets ohne Namensnennung —
1 Eindeutige Verweise auf eine Behandlung der 2. Hypothesis sind an
6 Stellen gegeben: pag. 1086; 1090; 1110; 1118; 1191; 1202 Cousin.
Eine Kommentierung jeder einzelnen Hypothesis ist pag. 1064 gefordert.
2 Beide Werke gehören in die Spätzeit des Proklos; der Parmen.-
Komment. ist frühestens 465, eher später verfaßt (Freudenthal, Hermes 16,
216 sq., errechnet 462 als frühesten Zeitpunkt); die ‘Platon. Theologie’ nimmt
mehrfach auf das ihr. gedanklich nahestehende Werk Bezug.
3 Platon. Theol., ed. Aem. Portus, Hamburgi 1618, II. 10, pag. 107:
,,τήν γάρ τελεωτάτην έξήγησιν έν τοΐς εις τον διάλογον ήμΐν γεγραμμένοις καταβε-
βλήμεϋα.“
4 pag. 1057 Cousin.
 
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