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Klibansky, Raymond; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 5. Abhandlung): Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39953#0031
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Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung.

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nach Italien gebracht wurden; unter diesen vielleicht der Par-
menides-Kommentar.
Von größerer Beweiskraft ist ein anderes Argument, das
Birkenmajer1 dem bisher noch immer nur handschriftlich vor-
liegenden 'Speculum divinorum et quorundam naturalium’ des
Henricus Bäte von Mecheln entnimmt. Der Verfasser dieses für
die Folgezeit nicht unwichtigen2 Werkes schreibt im Zusammen-
hang einer Wiedergabe der Lehrmeinung Platons über die parti-
cipatio (μέθεξις), er habe vom Übersetzer des Platonischen Par-
menides erfahren, in diesem Werk werde das ihn beschäftigende
Problem ausführlich erörtert3; das Versprechen des Übersetzers,
ihm die Schrift zu übersenden, sei durch dessen Tod nicht zur Aus-
führung gekommen. — Da die freundschaftliche Verbindung der
beiden Flamen Bäte und Wilhelm bekannt ist, liegt es nahe, in
dem von Bäte erwähnten Übersetzer Wilhelm zu erkennen.
Mit diesem Zeugnis ist ferner die Angabe des vor Mitte des
XIV. Jahrhunderts verfaßten Stamser Verzeichnisses4 der Ge-
lehrten des Predigerordens zu verbinden, die von Wilhelm be-
kundet, er habe „die Schriften des Proklos“ übersetzt. Da kein
anderer zeitgenössischer PROKLOS-Übersetzer bekannt ist und —
vor allem — kein Denker der Zeit in seiner Gedankenwelt sich so
stark von Proklos beherrscht zeigt wie Wilhelm5, so hat die
Annahme, er habe außer den 5 nachweislich von ihm übersetzten

1 'Neues zu dem Briefe der Pariser Artistenfakultät über den Tod des
hl. Thomas’ (Xenia Thomistica III, Rom 1925, pag. 63).
2 Vgl. etwa Nicolaus Cusanus, Apologia Doctae Ignorant. (Opera,
tom. I., fol. 37r) und die noch ungedruckte Predigt 'Beati mundo corde’
(God. Vatic. lat. 1244, fol. 18v col. 2).
3 Wenn Bäte hier vom Platonischen Parmenides spricht, so verträgt
sich dies — wie Birkenmajer richtig bemerkt — wohl damit, daß er den
PROKLos-Kommentar meint, in welchem ja der Platonische Text enthalten
und besonders gekennzeichnet ist.
4 ed. Denifle, Archiv f. Lit.- u. Kirchengesch. II, 1886, pag. 226sq.:
„fr. Wilhelmus Brabantinus, Gorinthiensis, transtulit omnes libros naturalis
et moralis Philosophie de greco in latinum ad instantiam fr. Thome. Item
transtulit libros Procli et quedam alia.“
5 Wie groß dieser Einfluß des Proklos ist, geht aus dem hervor, was
Witelo im Prolog seiner Perspectiva über die Lehre Wilhelms, dem er dies
Werk widmet, mitteilt (ed. Baeumker, pag. 126sqq.). Dies kurze Stück ist
das einzige, was bisher von Wilhelms eignen Gedanken bekannt ist. Sein
'Liber geomancie’ (God. Vindob. lat. 5508; codd. Amplon. Qu. 373; 377; 384;
codd. Monac. lat. 588 und 905) ist bisher noch nicht verwerfet.
 
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