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Barth, Kaspar; Hoffmeister, Johannes [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 2. Abhandlung): Deutsche Fragmente von Kaspar Barth aus der Ratsschulbibliothek Zwickau — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39955#0006
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Johannes Hoffmeister:

II. Barths Übersetzung
der beiden ersten Episteln des Aristaenetus.
Epist. 1. Aristaeneti.
Meine hertzallerlibste Laidam hatt zwar di Natur auff das
schönest erschaffen, aber noch vill zirlicher hat sie außgerüstet
die Göttin der libe. Als sie in die geselschaft der Holtselikeitten
aufgenommen, Es hat si der güldene Cupido selbst mitt glück-
seligen pfeilen der äuglin schissen lassen. 0 welch ein außbündig
kunstük der Natur, ein zir des weiblichen geschlechts, o ein lebendig
ewen bilt der gütlichen Veneris. Wan ich dan sol nach mensch-
lichem Vermügen di vbermenschlige gestalt mit wortten abmahlen,
so sint ihre Wänglin gleich dem natürlichen Schein der schönen
Rosen roth vndt weiß vermischt, zukergleichen, dünne lefzen vndt
von einander durch gar kleine zwispalt vnterschiden, noch rother
als die wänglin sein mögen. Die Augbrauen durch eine gantz reine
färbe, die aller schwartzesten, gleich als von einen nach echtem
maß geschafen. Die Näß aufrecht undt gantz nach der lefzen
liblikeit proportioniret. Augen, groß, hell, mit einer klaren flammen
durchscheinend. Eins in denen schwarz, die allerschwarzesten Aug-
äpflein, Eins in denen weiß, das allerweißeste feit derselben. So
leuchtet eins gegen das ander gesetzet, vndt scheinet vill schöner,
als die zwo widere färben so nahe beysamen sein. Aida kan man
anbetten die selbst gegenwertige gettin der freuntlikeit. Das Harr
durch eine natürliche Kräuse, zukergleicher, wi Homerus sagt, der
schonen blumen Hyacyntii, diß hat die Göttin der Libe mit eigenen
Henden geflochten. Der Hals weiß undt dem Angesicht ebenfärbig,
ob ehr schon von andern Schmuk nicht bekleidet, durch seine
natürliche vornemheitt, sich selbsten genugsam geschmukt sein
erzeigend. Aber es umbzingelt denselben ein Halsbandt von Edlem
gestern, darauf ihren, der schonen gestalt, Nahmen geschrieben
stehet, in dem an der stadt der Buchstaben, die gestern, in solcher
Ordnung vorsetzet. Von leib ist sie zimlich lang, die kleidung Rein-
glich undt artlich dem leib angefügett. Bekleidet ist sie von
angesiebt sehr schon, nakket ist sie nichts den ein eitteles Angesicht.
Ihr tridt ist artlich undt mehlich, gleich einem Cypressen oder
Palmen Baum den des Windes Odem sachte beweget. Den von
Natur an das alle außbündge Schönheit mitt waß behaglichem
hoffart begabett ist: aber jehne, die Bäume sind, beweget des Ost-
windes blasen, dise wirdt durch der Götter der gottin libe freunt-
 
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