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Ṭaḥāwī, Aḥmad Ibn-Muḥammad; Schacht, Joseph; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 5. Abhandlung): Das Kitab aš-šufʿa: aus dem al-ǧāmiʿ al-kabı̄r fiš-šurūṭ des — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.39958#0003
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III

Vorwort.

Während die Quellen für das theoretische System des is-
lamischen Rechts, besonders dank einer eifrigen Publikationstätigkeit
im Orient, seit langem so reichlich fließen, daß wir nur bei der Er-
forschung seiner ältesten Periode über Mangel an Material zu klagen
haben, ist für die Zugänglichmachung von Texten, die die islamische
Rechtspraxis und ihre Entwicklung beleuchten, bisher fast nichts
geschehen. So steht der großen Zahl von Arbeiten europäischer
Gelehrter, die sich mit dem System des Fiqh beschäftigen, das als
ideale Pflichtenlehre seine große Bedeutung hat, aber zum großen
Teil nie in die Praxis umgesetzt wurde, kaum eine gegenüber, die
die R.echtspraxis der islamischen Völker und ihre Geschichte zum
Gegenstände hätte.1) Wohl gibt es moderne Sammlungen und Dar-
stellungen über das Gewohnheitsrecht zeitgenössischer islamischer
Völker, aber für seine frühere Geschichte war man bisher fast ganz
auf verstreute Notizen angewiesen. Und doch ist es gerade die Ge-
schichte der islamischen Rnchtspraxis, namentlich in älterer Zeit, die
auch für das historische Verständnis des theoretischen Fiqh von
höchster Wichtigkeit ist: beruht doch selbst das System des Fiqh
auf vorislamischem und ältestem islamischem Gewohnheitsrecht,
dessen gradlinige Fortsetzung in der alten islamischen Rechtspraxis
vorliegt.
Für die Kenntnis dieser Rechtspraxis gibt es verschiedene Quellen.
Eine solche Quelle ist die Hijal- Literatur, mit der ich mich früher
beschäftigt habe, die sich zur Aufgabe stellt, Rechtstheorie und
Rnchtspraxis miteinander zu versöhnen; eine ebenso wichtige Quelle
sind die Surüt, die Urkundenformulare. Schon durch ihre Existenz
legen sie von der islamischen Rechtspraxis Zeugnis ab: das System
des Fiqh kennt einerseits nur den Zeugenbeweis, lehnt andererseits
das Prinzip der Schriftlichkeit ab, bietet also von sich aus keinen
Raum für eine bedeutendere Entwicklung der juristischen Urkunde;
gleichwohl gibt es seit den Anfängen der Fiqh-Literatur überhaupt
*) Als Ausnahmen sind eigentlich nur verschiedene Arbeiten von Amedroz
zu nennen: Journal of the Royal Asiatic Society 1910, 761 ff.; 1911, 635 ff.;
1916, 77 ff. 287 ff.
 
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