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Bürger, Gottfried August; Gundolf, Friedrich [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 6. Abhandlung): Bürgers Lenore als Volkslied — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.39959#0005
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Bürgers Lenore als Volkslied.

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Druckfehler sind 16, 1 „doch den Hagedorn“ statt „durch den
Hagedorn“, 24, 3 „Wir“ statt „wie“, 25, 2 „Nadels“ statt „Rades“,
25, 3 „bald“ statt „halb“, vielleicht 25, 5 „ja ja“ statt „sasa“,
29, 7 „blickten“ statt „blinkten“, 31,2 „sprützte“ statt „sprühte“.
Andere Fehler fallen wahrscheinlich weniger dem Setzer als dem
Abschreiber zur Last, haben aber seelisch denselben Grund: nicht
literarisches Bewußtsein, sondern die Hast einer Hand, die über den
Sinn hinhuscht, verführt durch Wortklänge oder Druckbilder, die
dem Schreiber noch vor- oder nachschweben — wie wohl jeder Autor
schon dem tückischen Befehl ausgesprochener Worte in die auszu-
sprechenden hinein gehorcht. Hierzu rechne ich 8, 3 „zugetan“
statt „abgetan“: das „zum“ des folgenden Verses wirkt hier
voraus. In derselben Strophe 8, 7 „wird trennen“ statt „sich
trennen“ gehört zur gleichen Zerstreutheit. 25,7; 26,2; 28,5;
31, 3 (19, 6, 23, 6; 26, 6 wollen wir auch nicht pressen) dürften
eher Schreibschlampereien als bewußte Banalisierungen sein.
13,4 „auf“ statt „an“: ab und auf lag dem Schreiber im Ohr.
Einige Varianten bezeugen einen Bildungsschichtwandel von
Bürger zum Flugblatt und lassen sich fast eindeutig zurückführen
auf den Willen zur Glättung, Schwächung, Erleichterung, der von
Bürger absichtlich gesteigerten „guten expressivischen Volks-
sprache“. Dem Bearbeiter des Flugblattes widersteht fühlbar
gerade das, worauf Bürger und sein eigentlich literarischer Anhang
stolz waren: der pathetisch heftige, trutzig derbe oder urchig alter-
tümliche Ausdruck. Einige der deutlichsten Zeichen seien noch an-
geführt: 2, 1 „Krieges“ statt „Haders“; 4, 1 und 2 „fragt“ statt
„frug“; 4,4 „allen, die da kamen“ statt „so da kamen“; 4,8
„wütend“ statt „wütig“; 29,3 „mit hellem Klang“ statt „mit
schwanker Gert“; 32, 7 „des Lebens“ statt „des Leibes“, vielleicht
auch 9, 5 und 11,5 „lösch“ statt „lisch“ und 7, 7 „kann“ statt
„mag“; 8,6 „so hat er nimmermehr Gewinn“ statt „er hat es
nimmermehr Gewinn“: der lutherische Genitiv war dem Bearbeiter
unverständlich und er wagte lieber eine flaue Satzkonstruktion
als eine dunkle Wortform. 13, 2 „wie eines Rosses Hufen“ statt
„als wie von Rosseshufen“. In all diesen Fällen sind die stärkeren,
altertümlicheren, sinnfälligeren Worte Bürgers dem geselligen
Konservationston angenähert.
Weitere Varianten derselben Richtung weichen die Härte der
BüRGERischen Fügung auf: 6, 4 „Gott, der erbarmt sich unser“
statt „Gott, Gott erbarmt sich unser“; 6, '5 „o liebe Mutter“ statt
 
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