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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0131
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Zweiter ontologischer Teil.
VI.
Sein als Erkenntnisprädikat, als Denkprädikat und als
C o p u 1 a.
Das Ergebnis, zu dem wir bisher gekommen sind, läßt sich in
folgender Weise zusammenfassen:
Das primitivste logische Subjekt in einem einfachen wahren
Sinngebilde meint, wenn wir es begrifflich isolieren und für sich
betrachten, einen anschaulich gegebenen Inhalt, der nur in der
allgemeinen ,,Denkform“ der Identität zu stehen braucht, um als
verständliche „Bedeutung“ des Subjektwortes in das Sinngebilde
einzugehen. Ein solches Subjekt ist noch frei von jedem Erkenntnis-
prädikat und daher zugleich frei für eine zu ihm passende Prädi-
kation. Durch seinen identischen Inhalt allein wird noch nichts
Wahres gedacht und vollends kein Gegenstand erkannt. Zum
„anschaulichen“ Subjekt muß, damit Wahrheit entsteht, ein Prädi-
kat als „Begriff“ hinzutreten.
Das primitivste logische Erkenntnis-Prädikat in einem ein-
fachen Sinngebilde ist, wenn wir es ebenfalls begrifflich isolieren,
eine Erkenntnisform ohne Inhalt, wie z. B. „Wirklichkeit“ oder
„Geltung“. Sie gibt für sich allein so wenig Wahrheit oder gar
gegenständliche Erkenntnis wie das isolierte Subjekt.
Zur Wahrheit und zum Erkennen eines Gegenstandes bedarf
es vielmehr immer einer Zweiheit des Einen und des Andern.
Gegenständliche Erkenntnis gibt stets Wahrheit über etwas anderes,
als die Wahrheit selbst ist. Anders ausgedrückt: es bedarf einer
Synthese von Subjekt und Prädikat, die beide durch eine Copula
zwischen ihnen nicht nur miteinander verbunden, sondern auch
voneinander getrennt und damit als Zweiheit bewahrt sind. Diese
Synthese stellt sich, wenigstens bei einfachen Sinngebilden, die
Wahrheit über ein sinnlich wahrnehmbares oder über ein unsinn-
lich verstellbares Subjekt geben, „metagrammatisch“ gesprochen,
als Inhalt-Form-Synthese von solcher Art dar, daß sie zugleich
eine Synthese von Anschauung und Begriff ist.
 
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