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122 Erster logischer Teil. Y. Erkenntnisformen und Denkformen.
Die Antwort darauf muß besonders für die Ontologie von
Wichtigkeit sein. Ja, ehe wir über die Bedeutung des Wortes
,,sein“, die es in solchen Sätzen wie in dem der Identität oder in
,,a ist a“ hat, nicht zur vollen Klarheit gekommen sind, werden
wir auch nicht zu einer völlig klaren ontologischen Problemstellung
gelangen. Der folgende Abschnitt des zweiten Teils dieser Ab-
handlung, der uns nun endlich zum „ontologischen“ Problem
hinüberführt, wird sich daher ausführlich mit den verschiedenen
Bedeutungen des Wortes „sein“ beschäftigen, die es erstens als
Copula, zweitens als bloße Denkform und drittens als Erkenntnis-
form haben kann. Dann erst werden wir etwas Abschließendes auch
über den Satz der Identität oder über das „ist“ in dem Satze
„a ist a“ zu sagen in der Lage sein.
Vorläufig genügt es, wenn es nicht mehr mißverständlich ist,
daß wir die Prädikate, die in den als Beispielen benutzten ein-
fachsten gegenständlich wahren Sinngebilden auftreten, wie „wirk-
lich“ und „geltend“, als Erkenntnisformen bezeichnen und dann
von den Subjekten, die von solchen Prädikaten noch frei sind, sagen,
daß sie im Vergleich zu diesen Formen als Inhalte angesehen
werden müssen. Dadurch, daß zu ihnen nur die Form der Identität
hinzutritt, werden sie jedenfalls noch nicht in die Sphäre des gegen-
ständlich wahren Sinnes gebracht. Insofern ist ein Inhalt, der nur
diese Form zeigt, noch nicht im Sinne der gegenständlichen Er-
kenntnis „geformt“, sondern lediglich im Sinne des Denkens, oder
anders ausgedrückt: der Inhalt wird durch diese Form allein noch
kein Erkenntnisinhalt, über den es bereits eine gegenständliche
Wahrheit gibt. Er wartet sozusagen noch darauf, daß man ihn
erkennt und etwas Wahres über ihn aussagt.
Wartet er aber auch dann noch darauf, wenn man von- ihm
sagt, daß er „sei“ ? Oder ist diese Prädizierung nicht vielmehr
schon Erkenntnis ? Die Antwort auf diese Frage kann erst der
zweite, ontologische Teil der Abhandlung geben.
 
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