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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0020
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20

Ernst Levy:

ve modi fieri coepere, tarn lex Porcia aliaeque leges paratae
sunt, quibus legibus exilium damnatis permissum est.
Das Aufblühen des Staatswesens nach dem hannibalischen Kriege,
der Beginn der Parteienbildung, die deutlich1 herangezogene Lex
Sempronia: das alles fällt ins zweite Jahrhundert. Vor dessen
Ausgang also schon war es dem Magistrat zur Pflicht gemacht,
zumindest einige Tage zuzuwarten, ehe er den civis damnatus ein-
sperren und töten durfte. Doch wird er sich in dieser Passivität
oft nicht gefallen, sondern dem Todgeweihten seine Lage alsbald
autoritativ zum Bewußtsein gebracht haben. Nichts stand im Wege,
die interdictio aquae et ignis, die in jedem Falle der Selbst-
verbannung nachgefolgt wäre, auch schon vorher zu erwirken, im
Falle des Komitialprozesses am einfachsten sofort im Anschluß
an das Urteil selbst. Ursache und Wirkung vertauschten so ihre Rolle.
11. Die neue Reihenfolge wird sich rasch eingebürgert haben:
Cic. de domo 78 i. f.: qui erant rerum capitalium con-
demnati, non prius hanc civitatem amittebant, quam erant
in eam recepti, quo vertendi, hoc est mutandi, soli causa
venerant; id autem ut esset faciundum non ademptione
civitatis, sed tecti et aquae et ignis interdictione faciebant.2
Cicero denkt hier offenbar an die Epoche vor dem Bundes-
genossenkrieg.3 Was sich seitdem geändert hatte, war indessen
allerhöchstens der Zeitpunkt, in dem der Verurteilte das Bürgerrecht4
1 Durch das circumveniri innocentes: Cic. p. Cluent. 151, Der Ausdruck
wird wortwörtlich von der Lex Cornelia de sicariis verwendet (Cic. ibid. 90;
Marcian D. 48, 8, 1 pr.), die insoweit wieder auf die Lex Sempronia zurückgeht
(Cic. ibid. 154). Vgl. Mommsen 329 S 6332.
2 So alle Hss. — Adigebantur Halm.
3 Die coloniae Latinae, von denen der voraufgehende Satz spricht, können
nur deduzierte Kolonien gewesen sein (vgl. Mommsen, Staatsrecht III 523; Korne-
mann, RE. IV 519; Steinwenter, RE. X 1268f.). Man beachte auch bei Cic. 1.
•c. 77 a maioribus nostris und die folgenden Praeterita, die im § 79, da nun von
Sulla die Rede ist, verlassen werden.
4 Daß der Exul vor Sulla und nach Tiberius das römische Bürgerrecht
einbüßte, wdrd nicht bestritten. In der Zwischenzeit aber, lehrt Mommsen 978
mit den meisten (z. B. L. M. Hartmann, RE. II 309, Desserteaux, Capitis de-
minutio I 146. 158, zweifelnd Ferrini, Espos. 155, anders Costa, Cicer. I 284),
■«behält der Interdicierte die Civität». Das ist schon deshalb unwahrscheinlich,
weil wir von einem die Stellung des Verbannten so einschneidend mildernden
Staatsakt nichts hören und Sulla insbesondere weder der Mann für eine solche
Milderung war noch an der Verhängung oder Tragweite der Interdiktion über-
haupt etwas reformiert hat. Strachan-Davidson II 53ff., 68ff. hat Mommsens
 
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