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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0024
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Ernst Levy:

isoliert betrachtet, wären sie es vielleicht.1 In die Entwicklung
hineingestellt, spiegeln sie nur die sprunghafte Gedankenassoziation
des Nichtjuristen. Daß sie so aufgefaßt werden können, ist hoffent-
lich gezeigt. Daß sie es müssen, leicht zu erweisen. Gerade in
den Reden de domo und pro Cluentio weiß Cicero zwischen con-
demnatio und interdictio zu unterscheiden2: die poena damnati emp-
fängt aus de domo 78 (ob. S. 20) und p. Caec. 98 (u. 262) ihr
Licht, und die Oppianicusstelle, die bloß Rechtsordnung und Natur-
gesetz gegenüberstellen will, ist nicht ohne p. Cluent. 170 zu lesen:
Oppianicum poena adfectum pro maleficiis et eiectum e civitate; . . .
damnati, exsulis, deserti ab omnibus. Die Geschworenen, denen
von Auct. ad. Her. und Cic. pro Rabir. der Interdiktionsbefehl in
den Mund gelegt wird, waren für ihn überhaupt nicht zuständig.3
Ganz entsprechende Wendungen braucht Cicero auch da, wo ein
nichtkapitaler Prozeß4 oder ein bloßes Konkursverfahren5 die Selbst-
verbannung nach sich zieht.
Vor allem aber entscheiden zwei Zeugnisse. Wenn Caesar,
um die Tötung der Catilinarier zu verhindern (Sali. 51, 22 und 40:
s.ob.S. 19), sich in wörtlich wiederholter Wendung auf den Hinweis
beschränken muß, daß die Gesetze dem Verurteilten exilium per-
mitti iubent6, so können sie das Exil nicht als Strafe positiv an-
geordnet haben.7 Noch allgemeiner spricht Cicero p. Caec. 100:
nam quod ad exsilium attinet, perspicue intellegi potest
quäle sit: exsilium enim non supplicium est, sed per-
fugium portusque supplicii; nam quia volunt aliquam poenam
subterfugere aut calamitatem, eo solum vertunt, hoc est sedem

1 Wenngleich z. B. die Verurteilung des Sex. Titius vor Sulla liegt.
2 S. auch de domo 82 i. f.: quibus damnatis interäictum est.
3 S. ob. S. 184.
4 Repetunden: condemnato et eiecto (in Verr. 1, 98 i. f.).
5 potestis (iudices) tollere e civitate quem voltis (p. Rabir. post. 11 i. f.); da-
zu Mommsen 7303, anders Costa, Cic. I 2844.
6 Ist der wiederkehrende und peinlich genau stilisierte Satz nicht aus
dem Gesetz selbst oder aus den Senatsakten über Caesars Rede entnommen
— was nicht beweisbar, aber durchaus nicht unwahrscheinlich ist (s. auch
Mommsen 1731, 938 3) —, so hat ihn der das Wort wägende Historiker an die
Zeit der Rede (a. 63) vorzüglich angepaßt. Als Sallust schrieb, galt nach Cae-
sars Gesetzen von etwa 46 (s. u. S. 32 5) die Interdiktion bereits als positive
Strafe. Bas berücksichtigt nicht Strachan-Davidson II 64.
7 Erst recht können sie dem Angeklagten nicht das Recht auf Selbst-
verbannung genommen haben (so Arangio-Ruiz, Corso di storia del dir. rom. 194).
 
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