Metadaten

Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0032
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
32

Ernst Levy:

Interdiktion in Verfolg der condemnatio jetzt unmittelbar verhängte1,
ohne erst einen Volksbeschluß erwirken zu müssen.2
So war die einstige Ausnahme nun auch offiziell zur Regel ge-
steigert, die Regel zur unwahrscheinlichen Singularität verflüchtigt.
Das Geschehene lag so sehr in der Luft, daß es sofort Nachahmung
fand. Schon i. J. 61 folgte die Lex Fufia de religione, ut si in opertum
Bönae JDeae accessisses (seil. Clodius), exsulares (Cic. Parad. 4, 32)3,
i. J. 58 die Lex Clodia, nach der qui civem Bomanum indemnatum
interemisset, aqua et igni interdicatur (Veil. Pat. 2, 45, 1; vgl. Cic. de
domo 47. 82)4, etwa um 46 die leges Caesaris, quae iubent ei, qui de
vi, itemque ei, qui maiestatis damnatus sit, aqua et igni interdici (Cic.
Phil. 1, 23)5 und i. J. 43 die Lex Pedia, gemäß welcher omnibus,
qui Caesarem patrem interfecerant, aqua et igni interdictum erat
(Veil. Pat. 2, 69, 5; vgl. Dio Cass. 46, 48, Mon. Ancyr. 1, 10).6
15. Unter diesen Gesetzen7 lenken die letztgenannten die Auf-
merksamkeit noch besonders auf sich. Sie statuieren die Ver-
1 Das Verhältnis zwischen Schuldspruch und Vollstreckung wird in Cic.
Phil. 1, 23 (u. Anna. 5) besonders deutlich.
2 Umgekehrt hätte ein solcher Volksbeschluß nicht etwa hingereicht, um
den Schuldspruch des ordentlichen Verfahrens zu ersetzen. Gerade diese Er-
setzung scheint Clodius gegenüber Cicero versucht zu haben (vgl. u. Anm. 4).
3 Mommsen, Staatsrecht II3 667 Strafrecht 1983; Rotondi, Leges 385.
4 Das ist das Plebiszit, mit dem Clodius auf Cicero wegen seines Ver-
fahrens gegen die Catilinarier abzielte. Ob die verfassungswidrige Bestimmung,
die diese allgemeine Norm alsdann unverhüllt auf Cicero speziell anwandte
und dabei die Art der Interdiktion genauer umschrieb, bereits in jenem
Plebiszit mit enthalten oder Gegenstand eines zweiten Volksbeschlusses war,
ist umstritten: einerseits Costa, Cic. I 281 ff., II 78ff., andererseits Mommsen
9781 (s. auch 196 2a.E.; 258 f., 9361), Rotondi, Leges 394 ff. Das letztere ist
wahrscheinlicher, namentlich wegen Cic. ad Att. 3, 15, 5 (nam prior lex nos
nihil laedebat); s. auch ob. Anm. 2.
5 Vgl. Rotondi, Leges 422 f., Girard, SZ. 34, 3031. 3211 und insoweit
Mommsen 9721.
6 Richtig Rotondi aaO. 435, während Mommsen 1993, 201 hier die ältere,
außergesetzliche Interdiktion anzunehmen scheint.
7 Nicht zu ihnen gehört die Lex Julia repetundarum v. J. 59. Denn es
ist ganz unwahrscheinlich, daß sie die Interdiktion anordnete (Mommsen 7295,
Stroux [8. u. S. 40 5] 114ff., 1342). Beschränkte eie sich aber — neben der
Geldstrafe — auf eine Minderung der Ehrenrechte, so können sich die Worte
des Senatuskonsults v. J. 4 v. Chr. (Kyrene-Edikte Z. 99) x^PN toü KetpaXrjq
eu&üveiv töv efXpcpÖTa nicht, wie Stroux und La Pira, Studi ital. di Filol. Class.
7 (1929), 60 ff. glauben, auf das Verfahren nach der Lex Julia beziehen. Daß
die bloße Infamie einer Strafe kapitalen Charakter aufprägt (Stroux 1152), ge-
hört der Begriffswelt der Laien und Advokaten an (ob. S. 812.3). Die Juristen
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften