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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0062
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62

Ernst Levy :

nats erscheinend, begegnet sie in echten Äußerungen der früheren
Periode nur noch da, wo sie dem neuen, engen Terminus unschäd-
lich schien (D. 48, 19, 28 pr.; eod. 27, 2) oder ihm durch Beiworte
angepaßt ist (C. 7, 66, 3; 9, 6, 6). Manche anderen klassischen-
Sätze, die die poena capitalis enthielten, sind vielleicht eben darum
von der Kompilation ausgeschlossen worden. Aber gar zu viele
werden es nicht gewesen sein. Denn der in den gesetzlichen und
ediktalen Normen des frühen Prinzipats auftretende Begriff, um
den daher auch die Definitionen und Folgerungen der Klassiker
kreisen, ist nicht die kapitale poena, sondern die kapitale res oder
fr aus, das kapitale crimen nebst capitis iudicium, reus, accusare; diese
Wendungen im Verein mit den entsprechenden causa capitalis,
iudicium capitale beherrschen das Feld. Der klassische Zentral-
begriff ist, also das Kapitalverbrechen (nebst dem entsprechen-
den Kapitalprozeß) und nicht die Kapitalstrafe. Will sagen:
das Verbrechen (und das Verfahren), für das ein Gesetz, ursprüng-
lich mit dem Terminus de capite quaerito, alsdann mit anderweiter,
aber gleichwertiger Strafdrohung1 ein Geschworenengericht ein-
gesetzt hatte. Zunächst gingen Strafe und Verbrechen freilich
parallel. Denn gerade die Strafdrohung machte ja iudicium und
crimen zu kapitalen und gab ihnen den Namen. Aber ausnahms-
weise kam es doch schon in den Anfängen vor, daß die im
Einzelfall erkannte poena mit der angedrohten nicht übereiu-
stiminte2: sie war die veränderlichere Größe und schien darum
wohl weniger geeignet, die mannigfachen — nicht selten privat-
rechtlichen — Nebenfolgen zu begründen, von denen die Rudi-
mente des Albums und der Gesetze uns heute noch einen Aus-
schnitt zeigen.3 Jedenfalls knüpfen sich die ediktalen Rechts-
wirkungen durchaus an das rei capitalis damnari d. h. den Schuld-
spruch des Volksgerichts oder an andere Tatbestände (capitis accu-
sare u. ä.) des Geschworenen Verfahrens. Mit diesem ist das capitale
iudicium organisch verbunden: der engere Kreis innerhalb des
konzentrisch weiteren des iudicium publicum.
J51. Von solchem Ausgangspunkt allein ist die klassische
Entwicklung zu begreifen. Als die Quästionen mit der Zeit in
den Hintergrund traten, hätte das iudicium capitale an sich seine

1 S. ob. s. 30 ff.
2 S. ob. 8. 17.
3 Vgl. ob. 8. 42 f.
 
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