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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0064
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64

Ernst Lety:

Publicorum iudiciorum quaedam capitalia sunt, quaedam
non capitalia.
Dasselbe wiederholen wortwörtlich die hier aus klassischem Mate-
rial schöpfenden Inst. 4, 18, 2. Auch praktisch behält diese Sub-
ordinierung ihren Wert: weil z. ß. die strafrechtliche Infamie an
das Edikt qui capitali crimine damnatus erit (Lenel § 15) anknüpft,
machen noch die spätesten Klassiker den Eintritt der Infamie von
dem Vorliegen eines crimen abhängig, quod iudicii publici causam
habuit (Macer D. eod. 7; s. auch Papin. D. eod. 14).1 Mangels einer
solchen Fessel umgekehrt quod ad statum damnatorum pertinet,
nihil interest, iudicium publicum fuerit nec ne (Macer D. 48, 19, 12).
Nur das Bedürfnis, die Konsequenzen aufrechtzuerhalten, die Gesetz-
gebung und Jurisprudenz an das publicum wie an das ccipitcde
iudicium angeschlossen hatten, kann es erklären, daß noch Venu-
leius, Maecian, Paulus, Marcian und Macer Bücher de iucliciis pu-
blicis schreiben und daß vor allem Senatsbeschlüsse wie Kaiseredikte,
statt neue Normen zu setzen, immer wieder lexfremde Tatbestände
ex lege Cornelia oder ex lege Julia bestraft wissen wollen. Der
Zweck war nicht, die vielfach obsoleten Strafsätze wiederzubeleben,
sondern angelehnte iudicia publica und damit zumeist iudicia ca-
pitalia zu schaffen: ein Verfahren, für das im Privatprozeß die
formulae ficticiae ein gewisses Seitenstück liefern.
32. Wie aber das System der fiktizischen Formeln seinem
Wesen nach einen nur begrenzten Wirkungskreis haben und das
Aufkommen selbständiger formulae in factum conceptae nicht hindern
konnte, so war auch der capitalis-Bereich nicht beliebig zu dehnen.
Draußen blieb zwar, wie gezeigt, nicht mehr die cognitio extra
ordinem als solche2, aber doch das crimen extra ordinem, die sich
mehrende Gruppe von Tatbeständen, die ohne Anlehnung an die
leges iudiciorum publicorum unter Strafe gestellt wurden. Ein solches
Verbrechen mochte als noch so schwer empfunden werden oder
selbst dem Täter den Kopf kosten: ein capitale crimen mit all seinen
Folgeerscheinungen konnte es nach dessen Begriffsbestimmung
nicht sein. Das hat nicht geringe Schwierigkeiten bereitet. Man
1 Vgl. auch Ulp. D. 47, 20, 2 gegenüber dem unechten Ulp. D. 3, 2,
13, 8. Näheres an anderer Stelle.
2 Sie bezieht nun das quaerere de capitali crimine sogar grundsätzlich
in sich ein: Call. D. 50, 13, 5 pr. i. f. — Vgl. noch etwa Paul. D. 47, 15, 6
(Nr. 1265) und Jul. D. 50, 16, 200 (Nr. 26); dazu Wlassak, Judikationsbefehl 36 19.
 
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