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Eugen Täubler:
dem Boden herausgeschnitten ist, der außerhalb gebliebene Teil
durch die über den Sulcus geworfene Scholle mit der Stadt ver-
bunden wird1. Ein der Übergabe (rechtliche Zuweisung, Verbin-
dung) verwandter Ritus, aber nicht die gekürzte Wiedergabe eines
Synoikismus2.
Nun ist deutlich, daß schließlich bei Lydus die beiden einander
ganz fremden Riten, das Zusammentragen der Schollen durch die
Synoikisten (Plutarch) und der Schollenwurf (Paianios) in der
Art verbunden sind, daß die Schollen nicht in die Stadt gebracht
wurden, sondern außerhalb der Mauer blieben und dann in den
Wurf über die Mauer einbezogen wurden; auch im äußeren deutlich:
Zaßcov ßofXov Ix twv sE,co tyj«; ■Ko’Xecot; gspoiv = die römische Scholle;
und daran angehängt: ouv xal Tau; -pop twv akXcov £7uxog.t,^o[X£vaip3.
Weinstock hatte in der Verbindung der Schollen mit dem
Grubenopfer eine Fälschung gesehen und die Schwierigkeit nicht
verkannt, in die ihn dann die Erstlinge bringen mußten, die sich
bei Plutarch nicht von der Scholle trennen lassen. Aber in der
Gewißheit, daß sich alles dem Synoikismus anzupassen habe, kam
er munter auch über diese Schwierigkeit hinweg: sind die Schollen
1 Man kann vergleichen Gellius, noct. Atticae XX 1.0, 9: . . . institutum
est . . . ut liligantes . . . profecti simul in agrum, de quo litigabatur, terrae
aliquid ex eo, uti’unam glebam in ius, in urbem ad praetorem deferrent et in
ea gleba tamquam in toto agro vindicarent.
2 Das Werfen aus einem Besitzbereich in den anderen gehört zur Rechts-
handlung, vgl. Grimm a. a. O. I S. 78ff. In den alten germanischen Rechten
ist es in umgekehrter Richtung zum Erwerb von Eigentum außerhalb des
begrenzten Raumes oder zur Abgrenzung bekannt (a. a. O. S. 94). —■ Im
Sinne rechtlicher Form besteht eine bei Eydus nicht heraustretende Verschie-
denheit zwischen der Scholle, die Romulus nicht nur nimmt, sondern sinn-
gemäß selbst aus dem Boden heraushebt, und den Schollen, die von den Zu-
züglern mitgebracht sind und die er nur vom Boden aufhebt. Grimm hat
a. a. O. I S. 160 darauf aufmerksam gemacht, daß tollere bei Liv. I 24 (von
dem Grasbüschel, das der Fetiale auf der Burg ausreißt) und in einigen deut-
schen Gesetzen und Urkunden das Herausheben bedeutet. Man vermißt
auch die notwendige Übergabe der Schollen an Romulus. ,,Dunkel“ sind die
klaren Worte des planudeischen Exzerpts nur für denjenigen, der mit der vor-
gefaßten Meinung, es müsse an Synoikismus gedacht werden, an sie herantritt .
3 Das kann man allerdings wieder nicht merken, wenn man nur Wein-
stocks Wiedergabe liest (S. 117): hier ist die römische Scholle weggelassen.
Erst dadurch wird, soweit es sich um die Herkunft der Schollen handelt,'
Übereinstimmung zwischen Lydus und Plutarch vorgetäuscht und der Ein-
druck erweckt, als ob in dem „dunklen“ Exzerpt des Planudes eine Umbildung
vorläge: einerömische anstelle der von den Zuzüglern mitgebrachten Schollen.
Eugen Täubler:
dem Boden herausgeschnitten ist, der außerhalb gebliebene Teil
durch die über den Sulcus geworfene Scholle mit der Stadt ver-
bunden wird1. Ein der Übergabe (rechtliche Zuweisung, Verbin-
dung) verwandter Ritus, aber nicht die gekürzte Wiedergabe eines
Synoikismus2.
Nun ist deutlich, daß schließlich bei Lydus die beiden einander
ganz fremden Riten, das Zusammentragen der Schollen durch die
Synoikisten (Plutarch) und der Schollenwurf (Paianios) in der
Art verbunden sind, daß die Schollen nicht in die Stadt gebracht
wurden, sondern außerhalb der Mauer blieben und dann in den
Wurf über die Mauer einbezogen wurden; auch im äußeren deutlich:
Zaßcov ßofXov Ix twv sE,co tyj«; ■Ko’Xecot; gspoiv = die römische Scholle;
und daran angehängt: ouv xal Tau; -pop twv akXcov £7uxog.t,^o[X£vaip3.
Weinstock hatte in der Verbindung der Schollen mit dem
Grubenopfer eine Fälschung gesehen und die Schwierigkeit nicht
verkannt, in die ihn dann die Erstlinge bringen mußten, die sich
bei Plutarch nicht von der Scholle trennen lassen. Aber in der
Gewißheit, daß sich alles dem Synoikismus anzupassen habe, kam
er munter auch über diese Schwierigkeit hinweg: sind die Schollen
1 Man kann vergleichen Gellius, noct. Atticae XX 1.0, 9: . . . institutum
est . . . ut liligantes . . . profecti simul in agrum, de quo litigabatur, terrae
aliquid ex eo, uti’unam glebam in ius, in urbem ad praetorem deferrent et in
ea gleba tamquam in toto agro vindicarent.
2 Das Werfen aus einem Besitzbereich in den anderen gehört zur Rechts-
handlung, vgl. Grimm a. a. O. I S. 78ff. In den alten germanischen Rechten
ist es in umgekehrter Richtung zum Erwerb von Eigentum außerhalb des
begrenzten Raumes oder zur Abgrenzung bekannt (a. a. O. S. 94). —■ Im
Sinne rechtlicher Form besteht eine bei Eydus nicht heraustretende Verschie-
denheit zwischen der Scholle, die Romulus nicht nur nimmt, sondern sinn-
gemäß selbst aus dem Boden heraushebt, und den Schollen, die von den Zu-
züglern mitgebracht sind und die er nur vom Boden aufhebt. Grimm hat
a. a. O. I S. 160 darauf aufmerksam gemacht, daß tollere bei Liv. I 24 (von
dem Grasbüschel, das der Fetiale auf der Burg ausreißt) und in einigen deut-
schen Gesetzen und Urkunden das Herausheben bedeutet. Man vermißt
auch die notwendige Übergabe der Schollen an Romulus. ,,Dunkel“ sind die
klaren Worte des planudeischen Exzerpts nur für denjenigen, der mit der vor-
gefaßten Meinung, es müsse an Synoikismus gedacht werden, an sie herantritt .
3 Das kann man allerdings wieder nicht merken, wenn man nur Wein-
stocks Wiedergabe liest (S. 117): hier ist die römische Scholle weggelassen.
Erst dadurch wird, soweit es sich um die Herkunft der Schollen handelt,'
Übereinstimmung zwischen Lydus und Plutarch vorgetäuscht und der Ein-
druck erweckt, als ob in dem „dunklen“ Exzerpt des Planudes eine Umbildung
vorläge: einerömische anstelle der von den Zuzüglern mitgebrachten Schollen.