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Täubler, Eugen; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 2. Abhandlung): Terremare und Rom — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40160#0078
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Eugen Taubler:

lieber Endbemerkungen müßte man sieb zur Resignation bekennen,
wenn sieb nicht eine neue materielle Grundlage der Erklärung auf-
zeigen ließe, die dem Zusammenhang Terremare und Rom angehört.
Sie ist durch Rehns Deutung nicht vorweggenommen; nur äußer-
lich ist sie ihr gleich. Eher hat sie eine gewisse innerliche Berührung
mit der Erklärung, die Wright versuchte. Sie ist durch die Ana-
lyse der Terremaren von selbst gegeben: Graben und Wall und
eine nur über diese hinwegführende Brücke hätten keine Beziehung
zu priesterlicher Tätigkeit; aber die Brücke der Terremaren führt
nicht nur über Graben und Wall, sondern auch über den Sulcus.
Die magische Furche, die dem Unheil der Dämonen wehrt, mußte
von einem mit magischen Kräften Ausgestatteten angelegt und
durfte nicht überschritten werden. Darum mußte Remus sterben.
Sollte die Brücke, die an einer Stelle über den Sulcus hinwegführte,
nicht den bannenden Zauber vernichten, so mußte auch sie von dem-
selben Magier errichtet werden.
Ich glaube nicht, daß eine der Schwierigkeiten, die allen frühe-
ren Erklärungen anhaftete, auch dieser Erklärung anhaftet; eben-
sowenig ist es nötig, für den Zweck der Erklärung eine Voraus-
setzung zu konstruieren. Die Erklärung haftet unmittelbar an dem
materiellen Befund und seiner sakralen Bedeutung.
Es bleibt noch die Frage, warum der Priester seinen Namen
nicht von der Fähigkeit hatte, die magische Furche zu ziehen,
sondern von der Fähigkeit, sie ohne Störung ihrer Kraft zu über-
brücken. Die Antwort ist von zwei Seiten her gegeben. Zunächst
hat nicht nur der Pontifex die Kraft, den magischen Kreis zu ziehen,
in anderer Weise zogen ihn auch die Luperci, und die Anwendungs-
formen wie auch die Träger der Kräfte können ursprünglich noch
mannigfaltiger gewesen sein1. Dieser Mannigfaltigkeit gegenüber
ist nicht so sehr die Anwendung des Brauchs auf die Stadt, als die
für diese notwendige Überbrückung das besondere. Von der ande-
ren Seite kommen Herbigs Bemerkungen über den pfadfindenden
Magier hinzu, und es ergibt sich nun ein großer entwicklungsge-
schichtlicher Zusammenhang, der von den älteren, in Indien und
auch noch in Griechenland in ursprünglicher Form erhalten ge-
bliebenen Vorstellungsformen über die der Zeit und der Sache nach
in der Mitte stehenden Terremaren zu den rational gewordenen
Formen des römischen Priestertums führt.
1 Vgl. Deubner a. a. O. S. 447 über die allmähliche Auswahl besonderer
Kräftewirker nach ursprünglich allgemeiner Ausübung magischer Kraft.
 
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