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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0012
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12

Carl Brinkmann:

Vielmehr scheinen sich auf den ersten Blick auch die dadurch
hezeichneten Lebensinhalte ebenso stark zu kreuzen: Den Logen-
zeichen entsprechen die Kränzchenfarben, von einem etwaigen ein-
fachen Gegensatz zwischen gesitteten Studenten niederer und un-
gesitteten höherer oder gar adliger Herkunft kann keine Rede sein
(Jahns Adressat ist ja von Adel, wie nachher so viele Burschen-
schafter), und die Bekämpfung des Duellierens scheint die Mensur
nicht auszuschließen, denn Jahn berichtet zum Schluß von einem
Freunde, der in der (kränzchengegnerischen) Universität Witten-
berg „nächstens seine Sache ins Reine bringen“ wolle und sich
dafür schon „sehr im Fechten geübt“ habe13.
Aufschluß darüber, worum es Studenten und Universitäten
auf der einen, Regierungen auf der andern Seite eigentlich ging,
ist m. E. auch hier zunächst weniger von den geistesgeschichtlichen
als von den realsoziologischen Tatsachen aus zu gewinnen. Die
Studentenorden der Amicisten, Constantisten, Unitisten und Har-
monisten oder Schwarzen Brüder, die „etwa von 1770 an. aber mit
fingierten älteren Stiftungsdaten, als eigentliche Studentenorden,
mit studentischen Tendenzen, auftreten“ und sich von allen älteren
Einwirkungen der Freimaurerei „wesentlich unterschieden14“, waren
jedenfalls Ableger der großen freimaurerischen Bewegung, die ge-
rade um diese Zeit in Frankreich die leitende Rolle in der Vor-
bereitung der Revolution spielte und zur Gründung des dortigen
„Großorients“ führte15. Das mußte sie zu den Hochschulregierun-
gen in eine eigentümlich doppelseitige Stellung bringen: Als auf-
klärerische Gegner der althergebrachten Universitäts-Sonderrechte
mußten sie dem aufgeklärten Absolutismus willkommen, als Träger
liberal-demokratischer und (was im damaligen zerrissenen Deutsch-
land den Regierungen gleich gefährlich war) je nachdem nationaler
oder internationaler Ideale aber mußten sie diesem Absolutismus
wieder ebenso bedenklich sein. Das ist, meine ich, das im Grunde
einfache Schema der Universitätskämpfe, in die die Reform Fried-
rich Wilhelms III. mit so rauher Hand hineinfuhr und die uns
aus dem zweiten Mittelpunkt damaligen deutschen Geisteslebens,
dem Herzogtum Sachsen-Weimar, besonders durch die Beteiligung
so erlauchter Namen wie Goethes und Fici-ites bekannt sind.
13 Der neueste Verkleinerer Jai-ins (R. Körner in Forschungen zur
Brand, u. Preuß. Gesch. 41 [1928], 48f.) hat also noch mehr Recht als er selbst
.glaubt, daß Jahn damals „ganz im Stile der Zeit lebte“.
14 Fabricius, a. a. O., 57.
15 A. Lantoine, Hist, de la Franc-Magonnerie frangaise (1925) 67ff.
 
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