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Carl Brinkmann:
Tätigkeit von Karl Theodor v. Dalrergs kurmainzischem Unter-
richtsminister und Universitätskurator Grafen Bentzel-Sternau39
hervorhebt, von dem wir weiterhin noch hören werden. Der Ver-
fasser (S. 6f.) beteuert, die Universitäten als „ehrwürdige gut-
gemeinte Monumente unserer Vorfahren“ nicht „verlachen“ zu
wollen. Ungemein kennzeichnend fährt er fort: „Man sage gegen
unser seichtes Jahrhundert was man wolle, man halte uns für ober-
flächliche Köpfe, man verspotte unsere verfeinerten Sitten, man
mache selbst unsere Erfindungen lächerlich, das bleibt doch nun
einmal wahr, wir sind stark, sehr stark, und in manchem Betracht
sehr glücklich geändert. Angenommen, daß wir jetzt mehr wie ehe-
mals des Nachdenkens überhoben sind; daß die aerostatisch philan-
thropinischen Beziehungen unsere Kenntnisse obenauf schwimmen
lassen; [man] fast nichts Großes in irgend einer Art zu Stande
bringen lasse; alles leicht, spielend beibringen wolle; daher wenig
Gründliches lehre; bei der Jugend die so schätzbare Bescheiden-
heit in unausstehliche Dreistigkeit verwandle; angenommen, daß
selbst die strengsten Wissenschaften durch zu häufigen Gebrauch
der analytischen Methode verloren haben; daß wir nur Epigram-
men, höchstens Elegien oder komische Erzählungen zu Stande
bringen; daß unser Ohr nur Buffo-Opern erträgt, unser Auge nur
ein maniriertes. geängstetes Kolorit, Köpfgen ohne alle Zeichnung,
aber wie geleckt; daß unsere Journale nur den Schaum der Kennt-
nisse liefern; daß unsere Fabriken nur Spinnegewebe wirken; daß
unser Jahrhundert nicht ohne Grund das luftige heiße; alles dies
einmal angenommen, aber wohl nicht unumstößlich bewiesen, so
sind wir dennoch um vieles vorwärts gegangen. Es ist nämlich
nicht zu leugnen, daß unsere lebenden Sprachen, besonders die
deutsche, unendlich gewonnen habe; daß die strengen Wissen-
schaften würklich weiter getrieben und dabei sehr erleichtert sind;
daß in der Naturkunde Riesenschritte geschehen; daß die Philan-
thropine doch überhaupt das Schulwesen gebessert und die Kennt-
nisse erleichtert haben; daß die Journale viel zur allgemeinen Ach-
tung beigetragen; daß unser Adel das Seichte seines Ahnenstolzes
zu fühlen anfängt; daß die Anzahl der Pedanten unter den Ge-
lehrten sich vermindert; daß endlich anjetzo eine größere Summe
39 Über seine Mainzer Universitätsverwaltung vgl. den Bericht von
Friedrich Wilhelms II. „Universitätsbereiser“ Oberkonsistorialrat F. Ge-
dike (1789) ecl. R. Fester im Archiv für Ivulturgesch., Ergänzungsheft 1
(Bin. 1905), 44ff.
Carl Brinkmann:
Tätigkeit von Karl Theodor v. Dalrergs kurmainzischem Unter-
richtsminister und Universitätskurator Grafen Bentzel-Sternau39
hervorhebt, von dem wir weiterhin noch hören werden. Der Ver-
fasser (S. 6f.) beteuert, die Universitäten als „ehrwürdige gut-
gemeinte Monumente unserer Vorfahren“ nicht „verlachen“ zu
wollen. Ungemein kennzeichnend fährt er fort: „Man sage gegen
unser seichtes Jahrhundert was man wolle, man halte uns für ober-
flächliche Köpfe, man verspotte unsere verfeinerten Sitten, man
mache selbst unsere Erfindungen lächerlich, das bleibt doch nun
einmal wahr, wir sind stark, sehr stark, und in manchem Betracht
sehr glücklich geändert. Angenommen, daß wir jetzt mehr wie ehe-
mals des Nachdenkens überhoben sind; daß die aerostatisch philan-
thropinischen Beziehungen unsere Kenntnisse obenauf schwimmen
lassen; [man] fast nichts Großes in irgend einer Art zu Stande
bringen lasse; alles leicht, spielend beibringen wolle; daher wenig
Gründliches lehre; bei der Jugend die so schätzbare Bescheiden-
heit in unausstehliche Dreistigkeit verwandle; angenommen, daß
selbst die strengsten Wissenschaften durch zu häufigen Gebrauch
der analytischen Methode verloren haben; daß wir nur Epigram-
men, höchstens Elegien oder komische Erzählungen zu Stande
bringen; daß unser Ohr nur Buffo-Opern erträgt, unser Auge nur
ein maniriertes. geängstetes Kolorit, Köpfgen ohne alle Zeichnung,
aber wie geleckt; daß unsere Journale nur den Schaum der Kennt-
nisse liefern; daß unsere Fabriken nur Spinnegewebe wirken; daß
unser Jahrhundert nicht ohne Grund das luftige heiße; alles dies
einmal angenommen, aber wohl nicht unumstößlich bewiesen, so
sind wir dennoch um vieles vorwärts gegangen. Es ist nämlich
nicht zu leugnen, daß unsere lebenden Sprachen, besonders die
deutsche, unendlich gewonnen habe; daß die strengen Wissen-
schaften würklich weiter getrieben und dabei sehr erleichtert sind;
daß in der Naturkunde Riesenschritte geschehen; daß die Philan-
thropine doch überhaupt das Schulwesen gebessert und die Kennt-
nisse erleichtert haben; daß die Journale viel zur allgemeinen Ach-
tung beigetragen; daß unser Adel das Seichte seines Ahnenstolzes
zu fühlen anfängt; daß die Anzahl der Pedanten unter den Ge-
lehrten sich vermindert; daß endlich anjetzo eine größere Summe
39 Über seine Mainzer Universitätsverwaltung vgl. den Bericht von
Friedrich Wilhelms II. „Universitätsbereiser“ Oberkonsistorialrat F. Ge-
dike (1789) ecl. R. Fester im Archiv für Ivulturgesch., Ergänzungsheft 1
(Bin. 1905), 44ff.