Metadaten

Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0034
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
34

Carl Brinkmann:

Arnims und Kleists Berliner Tischgesellschaft des 18. Januar 181158
bis zu dem pommerschen Kreis des jungen Bismarck den deutschen
Konservatismus so entscheidend prägen half, mit Händen zu greifen.
Neben der antifranzösischen und antisemitischen Spitze des Ge-
dankens ist auch die antikatholische, lutherisch-protestantische ge-
rade in der Zeit der romantischen Konversionen (Adam Müller
war schon seit 1805 Katholik) sehr wichtig.
Inzwischen aber war aus den heimlichen Quellen des Jahr-
hundertanfangs ein breiter Strom deutschen Selbstbewußtseins
auch an den deutschen Universitäten geworden. Aus einer dem
jenaischen Fichte ähnlichen liberal-reformerischen Rolle in Greifs-
wald hatte sich Arndt zum glühendsten Mittelpunkt der deutschen
Bewegung nach dem Tilsiter Frieden entwickelt59. Auch er jetzt
immer entschiedener ein Gegner gleichermaßen der beiden herr-
schenden Zeitströmungen, idealistische Klassik und mystische Ro-
mantik, der „gut gemeinten Rückweisungen auf das Vergangene“
wie der „kalten geistigen Beschauer und Beförderer der Weltver-
jüngung60“. Wie vertiefte der nordische Bauernsproß den immer
an das Besondere, Geschichtliche anknüpfenden Realismus des
Priegnitzer Pfarrersohnes. „Im gebildeten Zustande der Gesell-
schaft ist der Mensch die Erde und sind alle irdischen und leib-
lichen Dinge und Verhältnisse auf das vielfachste, ja auf das tausend-
fältigste schon mit Geist erfüllt und durchdrungen; man bedarf
also, damit sie hier unten richtig bestehen, nicht sowohl Geist zuzu-
schütten als Geist wegzunehmen . . . Wirft man mir ein, mein leib-
licher und auf leiblichen Bedingnissen und Gründen gebauter
Staat sei ein roiies und gemeines Ding, so kümmert mich das nicht;
ich will nicht edler sein und nichts Edleres und Feineres machen
als die schwere und grobe Erde, und was wir von ihren schweren
und groben Stoffen in uns tragen, es erlaubt61“. Mir scheint, auch

58 Vgl. Nadler a. a. O. 32 (1924), 480ff. Daß Arndt 1807 dem Gedanken
noch fern war, lehrt der Abschnitt „Die neuen Völker“ im Geist der Zeit I.
59 Etwas naiv sagt der feinsinnige Analytiker B. H. Ruth, Arndt und
die Geschichte (Mnchn.-Bln. 1930) 129: „dies scheinbar eher entmutigende
Ereignis genügte, um-in Arndt die Jugendhoffnungen, die seit 1803 von den
weltbürgerlichen Gedanken fast erstickt waren, wieder aufflammen zu lassen.“
60 Ruth a. a. O. 139.
61 Über künftige ständische Verfassungen in Teutschland (1814) 80f„ von
Ruths Analyse der klassischen, nordischen und christlichen Elemente in Arndt
nicht erreicht.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften