Der Nationalismus und die deutschen Universitäten.
43
keit, festen Beruhens auf sich, spricht gerade die edelsten Re-
gungen jugendlicher Gemüter an. Das Bild einer republikanischen
Verfassung endlich, in der man sich selbst seine Gesetze gäbe und
selbst über die Ausführung derselben halte, ist besonders für gewisse
Zeitalter ein höchst verführerisches Spiel ... Für Ihre Sicherheit
vor allen Störungen, für Ihre allervollkommenste persönliche Frei-
heit, welche die Bedingung ist jedes persönlichen Wertes, ist von
allen Seiten gesorgt. Auf wen könnten Sie, auf wen könnten wir
hierbei zuerst unsere Augen richten, als auf unseren erhabenen
König, unter dessen segnendem Angesichte die neue Universität
beginnt ? Und hier finden Sie denn zuerst das teuerste Unterpfand
Ihrer Freiheit: des Königs eigene und persönliche Einsicht des
Wahren, die mit seinem väterlichen Wohlwollen sich vereinigt. Sein
erhabenes Wort, daß er diese Stiftung ganz eigentlich als eine
Pflanzschule einer besseren Zukunft ansehe, ist bekannt und viel-
fältig erwogen. Ferner leuchtet aus allen Anregungen und Ver-
fügungen, die in Beziehung auf die Universität unmittelbar von
ihm ausgegangen sind, daß dasjenige, was oft sogar solchen, die
ihren ganzen Blick auf diese Dinge beschränken, sich verborgen zu
haben scheint, die wahre Quelle aller Universitätsübel, jener Traum
von einem besonderen Studentenstande und natürlichen Vorrechten
desselben vor allen anderen Menschen, daß gerade dieses seinem
über das Ganze verbreiteten Blicke nicht entgangen ist, und daß es
sein königlicher Wille ist, keineswegs, daß der Strom fließe und ihm
nur da, wo seine Ausbrüche zu sehr beunruhigen, ein Damm ent-
gegengesetzt werde, sondern daß die Quelle desselben verstopft und
selbst die versteckteste und leiseste Regung des eigentlichen Übels
nicht geduldet werde.“
Man muß nur diese Äußerungen in ihren realen Rahmen hinein-
stellen. Am 12. Juni 1805 hatte eine preußische Verordnung (mit
offenbar absichtlich geringschätzigem Ausdruck) das „den Studie-
renden auf den Universitäten verbotene Winkelfechten“ unter
besondere Strafsanktion gestellt, am 28. Dezember 1810 das „Regle-
ment wegen Einrichtung der akademischen Gerichtsbarkeit der
Universitäten“ diese Gerichtsbarkeit mit Ausnahme einer gewissen
Disziplinargewalt einheitlich den ordentlichen Gerichten über-
tragen80. Noch nach dem Befreiungskriege beklagte sich Joseph
Görres’ Rheinischer Merkur (Nr. 258 v. 25. Juni 1815) darüber, daß
der Student, dem „einst das treue Schwert blitzte“, jetzt wie der ge-
80 J. F. W. Koch, Die preußischen Universitäten 2 (1840), 92ff.
43
keit, festen Beruhens auf sich, spricht gerade die edelsten Re-
gungen jugendlicher Gemüter an. Das Bild einer republikanischen
Verfassung endlich, in der man sich selbst seine Gesetze gäbe und
selbst über die Ausführung derselben halte, ist besonders für gewisse
Zeitalter ein höchst verführerisches Spiel ... Für Ihre Sicherheit
vor allen Störungen, für Ihre allervollkommenste persönliche Frei-
heit, welche die Bedingung ist jedes persönlichen Wertes, ist von
allen Seiten gesorgt. Auf wen könnten Sie, auf wen könnten wir
hierbei zuerst unsere Augen richten, als auf unseren erhabenen
König, unter dessen segnendem Angesichte die neue Universität
beginnt ? Und hier finden Sie denn zuerst das teuerste Unterpfand
Ihrer Freiheit: des Königs eigene und persönliche Einsicht des
Wahren, die mit seinem väterlichen Wohlwollen sich vereinigt. Sein
erhabenes Wort, daß er diese Stiftung ganz eigentlich als eine
Pflanzschule einer besseren Zukunft ansehe, ist bekannt und viel-
fältig erwogen. Ferner leuchtet aus allen Anregungen und Ver-
fügungen, die in Beziehung auf die Universität unmittelbar von
ihm ausgegangen sind, daß dasjenige, was oft sogar solchen, die
ihren ganzen Blick auf diese Dinge beschränken, sich verborgen zu
haben scheint, die wahre Quelle aller Universitätsübel, jener Traum
von einem besonderen Studentenstande und natürlichen Vorrechten
desselben vor allen anderen Menschen, daß gerade dieses seinem
über das Ganze verbreiteten Blicke nicht entgangen ist, und daß es
sein königlicher Wille ist, keineswegs, daß der Strom fließe und ihm
nur da, wo seine Ausbrüche zu sehr beunruhigen, ein Damm ent-
gegengesetzt werde, sondern daß die Quelle desselben verstopft und
selbst die versteckteste und leiseste Regung des eigentlichen Übels
nicht geduldet werde.“
Man muß nur diese Äußerungen in ihren realen Rahmen hinein-
stellen. Am 12. Juni 1805 hatte eine preußische Verordnung (mit
offenbar absichtlich geringschätzigem Ausdruck) das „den Studie-
renden auf den Universitäten verbotene Winkelfechten“ unter
besondere Strafsanktion gestellt, am 28. Dezember 1810 das „Regle-
ment wegen Einrichtung der akademischen Gerichtsbarkeit der
Universitäten“ diese Gerichtsbarkeit mit Ausnahme einer gewissen
Disziplinargewalt einheitlich den ordentlichen Gerichten über-
tragen80. Noch nach dem Befreiungskriege beklagte sich Joseph
Görres’ Rheinischer Merkur (Nr. 258 v. 25. Juni 1815) darüber, daß
der Student, dem „einst das treue Schwert blitzte“, jetzt wie der ge-
80 J. F. W. Koch, Die preußischen Universitäten 2 (1840), 92ff.