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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0056
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56

Carl Brinkmann:

Tons, in welchem . . . gegen Juden und Judentum losgestürmt
ward“ (S. 14), in eine Reihe stellend, erkennt der Verfasser, daß
,,die Christusreligion als Erbteil der Väter in hohe Protektion von
ihnen genommen ward, und um darin ein heroisches Mittel für das
protestantische Gemüt zu besitzen, ward von denen protestanti-
schen Denkern, die an der Germanomanie kränkelten, der Katho-
lizismus in bedeutender Dosis darin verwendet“ (S. 171'.), aber „der
Katholizismus, wie er von den Germanomanen gehegt und gepflegt
wird, hat mehr Intensität, als der in den katholischen Landen herr-
schende . . . Man könnte den mystischen Geist, der jetzt in dem
protestantischen Deutschland in Hinsicht des Christentums sich so
lebhaft regt, füglich den idealen Katholizismus im Gegensatz des
realen Katholizismus, der im katholischen Deutschland dominiert,
nennen . . . Die Anhänger desselben sind gleichsam für ihre Mei-
nung mit einem hohen Grad von Fanatismus oder mindestens
Enthusiasmus eingenommene Wesen, die deren Unverletzlichkeit
mit Beharrlichkeit behaupten werden, und mag darüber der Zu-
stand der Dinge seinem Untergang entgegeneilen, so betrachten sie
dies als ein geringes Opfer ihrer Individualität. Für jeden selbst
katholischen Staat ist es bedenklich, so gestimmte Gemüter in
seiner Mitte zu hegen“ (S. 22f.).
Der schon hier deutlich spürbare denunziatorische Ton wird
dann immer ausgesprochener (S. 28ff.): „Unsere deutschen Poli-
tiker oder Germanomanen häufen nun Entwürfe über Entwürfe,
wie Deutschlands Kräfte so gestellt werden könnten, daß sie gegen
den Andrang eines auswärtigen Feindes schnell und mit Erfolg ge-
hraucht werden könnten. Indes, die umsichtsvollste Kunst des
Diplomatikers und Politikers dürfte hier gewiß scheitern. Die Ver-
schiedenheit der Religion, der Verfassung und der Interessen der
deutschen Staaten sowohl untereinander als gegen die auswärtigen
Mächte, welche letztere durch die Lage oder die Nachbarschaft mit
Deutschland bestimmt werden, alle diese LImstände zusammen-
genommenberücksichtigt, werden es für immer verhindern, Deutsch-
land zu einem politischen Körper umzubilden . . . Das Bekritteln
und Zurechtweisen der Regierungen versteht man in Deutschland
ebensogut wie in andern Staaten, aber den meisten politischen
Schriftstellern fehlt es am praktischen Blick und Geschäftstakt112.
112 Das schrieb eia Mann, der noch 1810 wegen anonymer verleumderi-
scher Behauptungen über die Regierung seines eignen Landes (Altenstein
öffne die Post des Königs und schließe diesen so von der Außenwelt ab) in
 
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