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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 1. Abhandlung): Labyrinth: eine sprachwissenschaftliche Untersuchung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40163#0034
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28

Hermann Güntert:

zusammenhängt und in german. Tiagal, aisl. haglsteinn, engl, hailstone
wiederkehrt.1 Vielleicht gehört auch κάλλαϊς «Edelsteinart, Türkis»
zu diesem Stamm hal- bzw. Icol- «Stein». Daher ist zu fragen, ob
in got. hallus «Fels», aisl. hallr «Fels, Bergabhang», ags. Jiealoc, hole
«Höhle, Ecke», heall «Fels» nicht unser Stamm vorliegt. Freilich
gab es einen indogermanischen Stamm *kol-, der «Hügel» bedeutet,
in gr. κολωνός, lat. collis, lit. Jcalnas «Berg», ags. hyll «Hügel», auch
in lat. culmen «Gipfel», aisl. holmr «Insel», ags. holm «Hügel, Berg»;
es liegt auf der Hand, wie leicht sich Ableitungen dieser Stämme
berühren konnten. Aber die Bedeutungen scheinen sich doch noch
scharf trennen zu lassen, und niemand wird heute etwa κολοσσός
mit κολωνός zusammenstellen. Solche Verschmelzungen indogerma-
nischer und ägäischer Wortstämme sind zweifelsfrei nachgewiesen;
ich erinnere noch an ερέβινθος «Erbse», wo an einen idg. Stamm
(vgl. lat. ervum, ahd. araweiz) nach λέβινθος (vgl. die Insel Λέβινθος)
«Erbse» das Suffix -intho- antrat (dazu altind. aravinda- «Lotusart»,
das aus einer kleinasiatischen Sprache stammt), oder an griech. ιερός,
ίοφός, wo idg. isar- (in altind. isira-) und voridg. aiser- (in etrusk.
aiser «Gott») sich gemengt haben.
35. Nun schließt sich an diese Formen calic-, χαλικ- «Kalk-
stein», was man noch nicht erkannt hat, das gallische celic-no-n
«Turm» (inschriftl. belegt) an, das in das Gotische als kelihn n. «Turm,
oberstes Stockwerk» entlehnt ist. Hier zeigt unser Stamm lealik-,
kelik- die wohlbekannte wo-Weiterbildung. Die Kelten haben das
Wort also aus einer vorindogermanischen Sprache entlehnt; es müssen
nicht unbedingt die Galater in Kleinasien gewesen sein, sondern auch
schon vorher konnten balkan-keltische Stämme in Osteuropa das
Wort den Goten allein von den Germanen übermitteln.
3(5. Zu diesem nichtindogermanischen kel-, kalhol- «Stein-
gebäude» stelle ich auch cella «Kammer, Sklavenzimmer, Küchen-
kammer, Hauptraum des Tempels» und lasse mich darin durch an-
klingende indogermanische Wörter nicht irre machen (griech. καλία
«Hütte», ai. scilä «Hütte» u. ä. zur idg. Sippe von celäre, καλύπτειν).2
1 κάχληξ «Kiesel» hat gewiß nichts mit κάρχαρος «scharf, bissig», καρχαλέος
«rauh» zu tun, wie bei Walde-Pokorny Et. Wb. I, 355, II, 592 angegeben wird.
Andererseits müssen χαλικ- und κα-χληκ- Zusammenhängen mit lat. calic-, aber
gewiß nicht als Erbworte indogermanischer Herkunft.
2 Auch lat. silex, -icis «Kiesel» aus *slcelik- und altirisch scelec- «Fels» dürften
ursprünglich nichtindogermanisch sein und enge mit calic-, χαλικ- «Kalkstein»
Zusammenhängen; sie haben sich aber dann mit Ableitungen der indogermanischen
Basis skel-, kel- «spalten» (s. Walde-Pokorny Et. Wb. II, 590ff.) gemengt.
 
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