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Fraenkel, Eduard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 2. Abhandlung): Das Pindargedicht des Horaz — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.40164#0026
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Eduard Fraenkel:

des Festzuges die Ränder der Heiligen Straße säumt. Was diese
Stimme jetzt tönt, das hat mit dem dircaeischen Schwan, aber auch
mit der Matinerbiene nichts zu schaffen; es sind die einfachen
Freude- und Segensrufe, wie sie jedem in solcher Feierstunde
kommen, gefaßt in das Maß jenes alten volkstümlichen Sprech-
verses,fworin der römische Soldat wohl schon bei Camillus Triumph
. . . gesungen hatte1 *’. Noch ist es hier der einzelne, der den Heilruf
anstimmt; das Ich wird in den Versen 45ff. stark betont. Aber
dieses o sol pulcher, o laudande leitet bereits von dem kunstvollen
Epinikion des Poeten zu den Rufen der Vielen über (V. 49ff.), in
die sich mit dicemus auch Horaz einschließt. Auf ihn selbst, auf
seine Art und Kunst, deuten die zarten beiden Schlußstrophen noch
einmal verständlich, aber wie von weitem hin und lassen zugleich
die polare Spannung des ganzen Gedichts im Gleichnis gesammelt
ausklingen.
Die hier auf dem Höhepunkt eingenommene Haltung, der Ver-
zicht auf die Dichterwürde und das Aufgehen in die Gleichförmig-
keit der Volksgemeinde, vereinigt das Jullusgedicht mit den beiden
spätesten und schönsten Liedern auf Augustus. Am Schluß des
Gedichtes IV 5 {Divis orte bonis) ist die Betrachtung, nachdem sie
das Ergehen des ganzen weiten Reiches und alle Segnungen des
gegenwärtigen Friedenszustandes umfaßt hat, bei dem einzelnen
italischen Bauern angelangt. Virum bonum quom laudabant, ita
laudabant, bonum agricolam bonumque colonum: so war es nach der
Vätersitte, so soll es nach dem Wunsch des Augustus auch jetzt
wieder sein. Der Sinn des gegenwärtigen Regiments vollendet sich
im Gedeihen der einfach tüchtigen Menschen auf der heimischen
Erde. In ihren Lebenskreis schließt sich der Dichter ein. Mit ihnen,
ganz unten, ganz fern von jedem Glanz der Herrschaft und von
jeder geistigen Einzelgeltung, tut er sich tagtäglich zusammen zu
Gebet und Gelübde: 'longas o utincun, dux bone ferias praestes Hes-
periad dicimus integro sied mane die, dicimus uvidi cum sol Oceano
subest. Ein großes "Wir5 umfängt ihn im Gefühl gemeinsamer Dank-
barkeit. So hatte es schon in dem Pindargedicht geheißen: teque
dum procedis, io Triumphe, non semel dicemus, io Triumphe, civitas
omnis, dabimusque divis tura benignis. Und in das gleiche frohe
rWir’ klingt das letzte Gedicht (IV 15) aus. Das hat mit kalli-
macheischem Motiv von einem individualistischen Künstlerwagnis
1 Niebuiir, Kl. hist. u. philol. Schrift. II 259. Heinzes Beobachtung*
(s. oben S. 8) erweist sich als ungemein fruchtbar.
 
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