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Schwerin, Claudius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 3. Abhandlung): Rituale für Gottesurteile — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.40165#0035
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Rituale für Gottesurteile.

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eine plurale Adjuration folgt (adiuro vos homines usw.). Hier ist
also aus dem Ritual für Kaltwasser sehr mechanisch übernommen
worden.
Bezieht man die Verweisung nur auf die Meßgebete, und nur
so kann sie verständigerweise gemeint sein, so fehlt jeder positive
Anhaltspunkt dafür, dem ältesten erschließbaren Ritual die Messe
abzusprechen. Von da aus ergibt sich in teilweiser Abweichung
von dem oben angegebenen Grundtypus folgender Hergang.
Das Verfahren beginnt mit einer Messe1. Nach deren’ Beendigung
folgt der Zug in das atrium, benedictio ignis und Einlegen des
Eisens. Zum weiteren Verlauf gehören das Herausnehmen des
Eisens aus dem Feuer und Auflegen auf einen Pfahl2, benedictio
ferri, adiuratio hominis (Eid des Probanden) und Vollzug. Fraglich
ist hierbei nur die Reihenfolge. Ich nehme, wie schon oben ange-
deutet, an, daß adiuratio und Eid des Probanden dem Heraus-
nehmen des Eisens voraufgehen.
G. Auch bei diesem Ritual weisen einzelne Texte singuläre Ab-
weichungen auf. So lassen die Bamberger Texte (IV 4; V 4) das
Eisen während der Messe auf den Altar legen. Dies hat nur Sinn,
wenn während der Messe eine benedictio ferri erfolgte, entfällt also
mit dieser als nicht ursprünglich. Die Ordines III 2 und XI 2
kennen neben der aspersio bei der designatio spatii ad ferrum
portandum eine zweite Besprengung dieses spatium mit Weih-
wasser vor dem Ordalvollzug. Diese Aspersionen erwecken dann
Bedenken, wenn sie im atrium im Sinn der Vorhalle, also in schon
benediziertem oder konsekriertem Raum erfolgte. Nimmt man
mit Franz3, an, daß atrium hier den „Vorplatz der Kirche“ be-
deutet, so entfällt dieses Bedenken. Immerhin wird eine der beiden
Besprengungen eine spätere Zufügung sein, denn es hatte keinen
Sinn, das spatium zweimal zu besprengen. Vielleicht beruht sie
auf einer auch sonst auftretenden Verwechslung von signare
(signatio) und designare (designatio)4.
1 Über die der Messe vorausgehende designatio (signatio) spatii
s. u. C.
2 Dies war vielleicht nicht allgemeine Übung. Es wird nicht in allen
Ordines erwähnt und auf dem Bild des Cod. Lamb. wird das Eisen dem
Probanden unmittelbar übergeben.
3 Rituale von St. Florian 180 Anm. 9. Vor der Kirche zeigt den Ordal-
vollzug das Bild des Cod. Lambacensis. Was hier in der Mitte steht, ist der
Kirchturm, nicht ein Hochofen, wie Rockinger a. a. O. meint.
4 Auch könnte die Interpolation des Pflugscharengangs in den zwei
 
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