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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 4. Abhandlung): Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geb. — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40169#0022
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Walther Kolbe:

in Spanien weiten Spielraum. Aber wenn dem auch so war, so
kann man doch gar nicht verkennen, daß es für sich selbst einen
ungleich höheren Erfolg buchen konnte. Die eigentliche Bedeu-
tung des neuen Vertrages lag für den Senat darin, daß er der Macht-
entfaltung Karthagos ein Ziel setzte. Das hat Polybios mit politi-
schem Instinkt richtig erkannt, und an dieser Tatsache scheitert
jede Theorie, die Karthago als die Gewinnerin hei diesem Vertrags-
schluß hinstellen will. Karthago brachte ein Opfer, Rom dagegen
gab keinen Anspruch auf. Denn es kann gar nicht davon die Rede
sein, daß es die Bundesgenossen in Sagunt preisgegeben hat. Wir
sahen ja, daß das Gegenteil der Fall war. Gerade durch den
Vertrag wurde Sagunt der Schutz zuteil, den die früheren Bundes-
genossen schon durch den Lutatiusvertrag gewonnen hatten.
Das Verhalten des Senats in allen späteren Verhandlungen zeigt,
daß man in keinem Augenblick an eine Preisgabe des Interesses
an Sagunt gedacht hat. Damit ist die Auffassung Mommsens
als die allein mögliche gegeben: Rom hat den Hauptvorteil ge-
habt. Nicht nur weil es eine karthagisch-keltische Fühlungnahme
unmöglich machte; nicht nur weil es Karthagos Erobererwillen
im Norden Spaniens ein für allemal eine Grenze zog, sondern vor
allem deshalb, weil mit Hilfe des Ebropaktes das bisher bedrohte
saguntinische Bündnis mittelbar zu rechtlicher Anerkennung
durch den Oberkommandierenden gebracht war.
Doch ein Einwand ist zu erwägen. Ist nicht ein Ebrovertrag,
der dem mit Rom bereits verbündeten Sagunt Sicherheit gewährt,
für Karthago vollkommen wertlos? In der Tat ist diese Meinung
laut geworden; danach wäre ein solches Abkommen 'eine geradezu
jämmerliche politische Niederlage Hasdrubals, eine Annahme, für
die sowohl die politischen als (auch) die persönlichen Voraussetzun-
gen’ fehlen1. Ich weiß nicht, ob das nicht zu sehr aus der Perspek-
tive des rückschauenden Betrachters, der mit allem historischen
und geographischen Wissen ausgestattet ist, gesehen ist. Wer
den rechten Standpunkt für das Abkommen gewinnen will, muß
davon absehen, daß wenige Jahre später ein Kampf auf Leben
und Tod zwischen den beiden Vertragspartnern entbrannte. Er
muß sich vor Augen halten, daß Hasdrubal die Erreichung der
Ebrogrenze, von der er ja noch weit entfernt war, als ein erstrebens-
wertes Ideal vorschweben konnte. Und auch das darf nicht über-
sehen werden, daß das römisch-saguntinische Bündnis noch kein

1 Groag, S. 38ff.
 
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